Leitsatz (amtlich)
Die Unterhaltspflicht für ein Gewässer zweiter Ordnung (hier: Alte Lippe) einer damit belasteten Gemeinde dient in erster Linie dem störungsfreien Ablauf von Oberflächenwasser. Führen Ablandungen und Ablagerungen zu einer Erhöhung des Niveaus der Gewässersohle, so dass dort einmündende private Drainagen anliegender landwirtschaftlicher Nutzflächen ihrerseits kein Wasser mehr in den Wasserlauf abführen können, so dass es dort zu Durchfeuchtungen kommt, begründet das nicht den Tatbestand einer Verkehrssicherungspflichtverletzung des Gewässerunterhaltspflichtigen, wenn der Flusslauf das Oberflächenwasser nach wie vor problemlos abführt. Es ist Sache des Grundstückseigentümers, die Funktionstüchtigkeit seiner Drainage sicherzustellen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; WHG § 28; LWG NW § 90
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 490/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.3.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG D. wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 8.000 DM abzuwenden, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden kann.
Es beschwert den Kläger i.H.v. 70.000 DM
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer einer Hofstelle im Gemeindegebiet der beklagten Stadt, … und der als landwirtschaftliche Flächen genutzten … Diese Flächen grenzen an die …, ein Gewässer zweiter Ordnung. Für dieses Gewässer ist die beklagte Stadt unterhaltspflichtig.
Auf die bezeichneten Flurstücke ließ der Kläger im Jahre 1982 zur Entwässerung Drainagen einbauen. Die Entwässerung wird in die … geführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage … der Klageschrift Bezug genommen.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch mangelhafte Unterhaltung des Gewässers. …
Er hat behauptet, die Beklagte habe unterlassen, den Graben, die Seitenwände des Grabens und das Gewässer selbst zu reinigen und den Pflanzenbewuchs des Ufers zu beseitigen. Dies habe im Laufe der Zeit zu einer Verringerung der Fließgeschwindigkeit des Wassers und damit einhergehend zu Ablagerungen im Flussbett der … geführt. Infolgedessen seien die Drainageaustritte versandet und verschlammt, so dass das Drainwasser nicht mehr habe abgeführt werden können. Dies habe zu einer starken Verfeuchtung der landwirtschaftlich genutzten Flächen geführt, die deshalb nicht mehr in gleicher Weise für den Pflanzenbau hätten genutzt werden können. Nach der im Frühjahr 1999 erfolgten Reinigung des Flussbetts durch Ausbaggerung habe sich herausgestellt, dass auch danach die Drainage der anliegenden Grundstücke nicht mehr funktioniert habe. Man habe erfolglos versucht, die Drainage durchzuspülen, die Versandung sei aber soweit fortgeschritten, dass dies nicht mehr möglich gewesen sei. Wegen der unzureichenden Unterhaltung und Pflege des Gewässers sei ihm, dem Kläger, ein Schaden entstanden, zum einen im Ertrag wegen der nunmehr erforderlichen Nutzung als Grünland, zum anderen wegen der Kosten der Neuherstellung der Drainage.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch die unzureichende bzw. unterlassene Reinigung/Unterhaltung der Vorflut … entstanden ist und zukünftig entsteht.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt, die erhobene Feststellungsklage sei schon unzulässig. Sie hat behauptet, der Wasserlauf … sei regelmäßig zweimal jährlich gereinigt worden. Die Verfeuchtung beruhe darauf, dass das Geländeniveau teilweise tiefer sei als der Gewässerlauf, teilweise handele es sich um Bergsenkungsgebiet. Außerdem hat die Beklagte geltend gemacht, die Drainage sei mangelhaft angelegt worden, indem die Einlaufstutzen zum Graben der … zu niedrig lägen, was andererseits wegen des problematischen Geländeniveaus jedoch erforderlich gewesen sei. Weiter gehende Maßnahmen seien ihrerseits wegen der Ausweisung der Fläche als Landschaftsschutzgebiet nicht möglich gewesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH verneint. Die beklagte Stadt sei nicht verpflichtet gewesen, die Bachsohle ständig auszubaggern, um zu gewährleisten, dass die Drainagerohre oberhalb des Wasserspiegels liegen. Ihre Funktion als Wasserlauf habe die … immer erfüllen können, da es – wie unstreitig ist – zu Überschwemmungen nicht gekommen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch auf Feststellung der Eintrittspflicht der beklagten Stadt weiter verfolgt. Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen erster Instanz und wendet ergänzend ein, die vom LG zugrunde gelegte Entscheidung des BGH sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn bei jenem Rechtsstreit sei...