Leitsatz (amtlich)
1. § 265b StGB ist Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Er schützt jedenfalls auch das Vermögen des Kreditgebers.
2. Der Schutzzweck des § 265b StGB ist nicht betroffen, wenn es bei einer formal als Darlehen ausgestalteten Mittelgewährung wirtschaftlich um die Beteiligung als Mehrheitsgesellschafter an einer GmbH geht, die weiteres Eigenkapital benötigt.
Verfahrensgang
LG Siegen (Urteil vom 30.10.2002; Aktenzeichen 1 O 135/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 30.10.2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Siegen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen der Gewährung eines Darlehens i.H.v. 70.000 DM im März 2000 an die W. GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, geltend. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es hat einen Kreditbetrug durch den Beklagten und dessen Ursächlichkeit für die Kredithingabe durch die Klägerin angenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung. Er behauptet, bei den Verhandlungen mit dem Geschäftsführer der Klägerin seien vom Zeugen N. die Forderungen der Finanzverwaltung mit ca. 60–70 TDM angegeben worden; er habe die Hoffnung geäußert, diese auf 30 TDM reduzieren zu können, wenn die Bescheide aufgrund von abzugebenden Steuererklärungen statt den bisher vorgenommenen Schätzungen korrigiert würden. Dem Zeugen N. seien auch die Bankverbindlichkeiten bekannt gewesen, die dann auch genannt worden seien. Eine Verbindlichkeit E, die zuvor auch nur ca. 3.000 DM betragen habe, sei bereits getilgt gewesen. Die Darlehensvereinbarung sei Ende März zusammen mit der Auszahlung der Valuta erfolgt und auf Anraten des Zeugen N. auf den 15.3.2000 rückdatiert worden. Es bleibe auch bestritten, dass durch das Verhalten des Beklagten der geltend gemachte Schaden entstanden sei.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie behauptet, der Beklagte habe von Anfang an beabsichtigt, nach der Umschuldung der W. GmbH deren Geschäfte auf eigene Rechnung an ihr vorbei durchzuführen. Er habe die Klägerin bewusst über die fehlende Möglichkeit der Rückzahlbarkeit der Darlehen getäuscht.
In zweiter Instanz ist unstr., dass es sich bei dem Darlehen der Klägerin der Sache nach um ein Investment in die W. GmbH handelt und das Darlehen Eigenkapital ersetzende Funktion hatte. An der W. GmbH (mit einem Stammkapital von 50.000 DM) waren zunächst der Beklagte mit einer Stammeinlage von 10.000 DM, Frau H. mit einer solchen von 10.000 DM, Herr T. mit einer solchen von 10.000 DM, Frau T. mit einer solchen von 10.000 DM sowie Herr T2 und Herr C2 mit jeweils einer Stammeinlage von 5.000 DM beteiligt. Durch notariellen Vertrag vom 21.3.2000, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (GA 172 ff.), erwarb von den Gesellschaftern H., Herr und Frau T. sowie den Herren T2 und C2 der Geschäftsführer der Klägerin Anteile (jeweils zu einem Kaufpreis von 1 DM) im Nominalwert von insgesamt 37.500 DM, der in erster Instanz vernommene Zeuge Dr. C. im Nominalwert von 500 DM und der Beklagte (zusätzlich zu seinen bis dahin gehaltenen Anteilen) im Nominalwert von 2.000 DM. Letzterer verpflichtete sich zudem, bis zum 31.3.2000 bisher nicht eingezahlte Teile der Stammeinlagen i.H.v. insgesamt 20.000 DM zu Gunsten der Gesellschaft zu leisten. Mit Hilfe eines zu diesem Zweck von der Bank aufgenommenen Darlehens erfüllte er diese Verpflichtung. Wenn der Geschäftsführer der Klägerin die Geschäftsanteile an der W. GmbH nicht – wie beabsichtigt – durch den notariellen Vertrag erworben hätte, hätte er auch die Auszahlung der Darlehensvaluta durch die Klägerin an die W. GmbH nicht veranlasst. Der Geschäftsführer der Klägerin ist auch (mit einem kleinen Anteil von etwa 1 %) ihr Gesellschafter sowie mit einer Beteiligung von 76 % Gesellschafter der Muttergesellschaft der Klägerin, der C. GmbH.
Noch vor dem 21.3.2000 erfuhr der Geschäftsführer der Klägerin von Darlehensverbindlichkeiten der W. GmbH bei der Sparkasse. Er verhandelte darauf mit der Sparkasse und erreichte einen teilweisen Forderungsverzicht.
Wegen des weiteren Parteivorbringens zweiter Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat den Geschäftsführer der Klägerin und den Beklagten persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 6.11.2003 verwiesen. Die Akten 351 Js 750/00 StA Siegen waren Gegenstand der mündlichen ...