Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 29.11.2005; Aktenzeichen 4 O 725/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.11.2007; Aktenzeichen III ZR 9/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 29.11.2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Münster teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57.699,29 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 21.6.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Verein I e.V., G-Straße, ... Herford, 1.022,58 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 21.6.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 7 % und die Beklagte zu 93 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht nach Aufnahme des Rechtsstreits als Rechtsnachfolger der ursprünglichen, am 13.2.2006 verstorbenen Klägerin T2 aus an ihn zurückabgetretenem Recht einen Anspruch auf Rückerstattung von Spieleinsätzen geltend, die er in der aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Konzession von der Beklagten betriebenen Spielbank in C im Zeitraum von Januar 2000 bis August 2001 verspielt haben will.

Wegen der Einzelheiten der Sachverhaltsdarstellung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 29.11.2005 verwiesen.

Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen T (jetzigen Klägers) und L der Klage der verstorbenen Klägerin im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 62.812,21 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Beklagte habe die vom Zeugen T (jetzigen Kläger) verspielten Einsätze aus Bereicherungsrecht zurückzuerstatten, da der trotz Eigensperre eines Spielers zwischen ihm und der Spielbank abgeschlossene Spielvertrag unwirksam sei. Einschränkungen der Spielsperre in dem Sinne, dass die Sperre beim Spiel in dem Automatensaal nicht gelten solle, lägen nicht vor. Nach der Beweisaufnahme stehe auch fest, dass der Zeuge (jetzige Kläger) die sich aus den Kontoauszügen ergebenden in C abgehobenen Beträge jeweils im dortigen Spielcasino der Beklagten verspielt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit welcher sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Sie rügt, zu Unrecht sei das LG davon ausgegangen, dass der - verstorbenen - Klägerin aus abgetretenem Recht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung der verspielten Gelder zustehe. Denn auch bei Vereinbarung einer Spielsperre kämen zwischen Spielbank und Spieler wirksame Spielverträge zustande, wie sich aus der jüngsten BGH-Rechtsprechung ergebe. Aber auch mit der Begründung der BGH-Urteile vom 15.12.2005 sei das angefochtene Urteil auch im Ergebnis nicht richtig. Denn es bestehe keine generelle Überwachungspflicht der sperrenden Spielbank; vielmehr bestehe eine solche Pflicht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren unter Berücksichtigung der konkreten Umstände. Anders als in den vom BGH entschiedenen Fällen habe sie, die Beklagte, keine Möglichkeit gehabt, bei Gelegenheit von Telecash-Abhebungen des Zeugen T eine Kontrolle daraufhin durchzuführen, ob dieser zu den gesperrten Spielern gezählt habe. Denn unstreitig habe der jetzige Kläger das nach der Klagebehauptung verspielte Geld in keinem Fall im Telecash-Verfahren abgeholt, sondern ausschließlich per Kreditkarte (Eurocard) bzw. per EC-Karte an Geldautomaten von Kreditinstituten. Aus seiner Aussage ergebe sich sogar, dass er bewusst die Abhebung von Geld im Wege des Telecash vermieden habe, weil er von den dortigen Kontrollen und der Möglichkeit gewusst habe, bei dieser Gelegenheit identifiziert und des Spielsaales verwiesen zu werden. Dem Kläger sei auch bekannt gewesen, dass eine Kontrolle beim Zutritt zu den Spielsälen nur beim sog. großen Spiel, nicht jedoch bei den Automatenspielsälen erfolge. Der Rahmen des Möglichen und Zumutbaren werde nach den BGH-Entscheidungen vom 15.12.2005 aber bestimmt durch die Kenntnis des Spielers von der fehlenden Kontrolle beim Zutritt zum Automatenspielsaal und den damit einhergehenden fehlenden Überwachungsmöglichkeiten. Sie, die Beklagte, sei nicht verpflichtet gewesen, den Zutritt zum Automatenspielsaal zu kontrollieren und auf diese Weise den Kläger am Zutritt zu hindern. Eine theoretisch denkbare Sichtkontrolle sei im Automatenspielsaal bei Tausenden von Gästen jährlich praktisch nicht durchführbar.

Zu Unrecht habe zudem das LG angenommen, sie, die Beklagte, habe nicht bewiesen, dass der jetzige Kläger bei der Vereinbarung der Spielsperre darauf hingewiesen worden sei, dass ihm der Eintritt in den Automatenspielsaal weiterhin ohne Weiteres möglich sein würde. Einmal habe der Kläger posit...

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