Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines Unterhaltsrückstandes für die Zeit von der Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich April 1994 und laufenden Unterhalts in Höhe von monatlich 726,00 DM ab 1. Mai 1994 in Anspruch.

Die am 15. Dezember 1967 geschlossene Ehe der Parteien ist seit dem 6. November 1992 rechtskräftig geschieden. Aus ihrer Ehe sind drei inzwischen volljährige Töchter hervorgegangen:

... geboren 26. Juni 1968 und die Zwillinge ... und ..., geboren 16. April 1975. Beklagte ist seit 1993 wieder verheiratet. Aus seiner zweiten Ehe ist der noch während der Ehe der Parteien am 24. Februar 1991 geborene Sohn ... hervorgegangen.

Der Beklagte ist Redakteur beim ... in ... . Die Klägerin war während der Ehe nicht berufstätig. Sie hat am 1. Februar 1993 eine Teilzeitbeschäftigung im Umfange von monatlich 101 Stunden bei der Firma ... aufgenommen.

Mit der Behauptung, sie sei nicht in der Lage, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auszuüben, weil sie die schwerbehinderte Tochter ... pflegen müsse, macht die Klägerin nachehelichen "Aufstockungsunterhalt" geltend.

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zum Zwecke der Sachdarstellung im Übrigen Bezug genommen wird, ist der Beklagte gemäß § 1573 Abs. 2 BGB verurteilt worden, an die Klägerin bis April 1993 monatlich 525,00 DM und ab Mai 1993 - wegen des seitdem gestiegenen Kindesunterhalts - monatlich 405,00 DM Unterhalt zu zahlen. Dabei hat das Amtsgericht das Einkommen des Beklagten ermittelt und nach Abzug berufsbedingter Fahrtkosten von monatlich 620,00 DM und der Unterhaltspflichten gegenüber den vier Kindern den 3/7-Bedarf der Klägerin errechnet und hierauf ihr eigenes Einkommen zu 6/7 bedarfsmindernd angerechnet.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, die Klägerin mit dem Ziel, höheren Unterhalt gegenüber dem Beklagten durchzusetzen, der Beklagte mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung. Beide Parteien wiederholen und ergänzen ihren Vortrag erster Instanz.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin mitgeteilt, dass die Tochter ... seit dem 1. April 1995 zunächst befristet Pflegegeld in Höhe von monatlich 400,00 DM erhalte. Die Parteien streiten darüber, ob sich die Klägerin dieses Pflegegeld als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen muss.

Zum Zwecke der Sachdarstellung im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu diesen überreichten Anlagen Bezug genommen. Die Akten - 105 F 45/92 - AG Essen - 2 UF 492/92 - OLG Hamm und das in jenem Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten der Medizinaldirektorin ... vom 15. Juni 1992 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB.

Soweit sie ihren Unterhaltsanspruch in erster Linie auf § 1570 BGB stützt und sich zur Begründung darauf beruft, dass die Tochter ... der Parteien infolge ihrer angeborenen Körperbehinderung - ... ist mit einer Spina bifida geboren worden, das ist eine Hemmungsbildung mit Spaltbildung im Wirbelbogen des unteren Lumbal- und Sacralteils, deren Folge eine Lähmung des linken Unterschenkels mit Spitzklumpfußbildung links ist -, psychisch und physisch ihrer besonderen Zuwendung und Betreuung bedürfe, sind die Voraussetzungen dieses Unterhaltstatbestands hier nicht erfüllt, Der Senat verkennt nicht, dass ein junges Mädchen unter einer angeborenen Missbildung dieser Art sehr leidet und erheblicher Zuwendung und Fürsorge der Mutter und sicherlich von Zeit zu Zeit auch einer gewissen Hilfestellung der Klägerin bedarf. Gleichwohl ist ... nach dem schon im Trennungsunterhaltsverfahren - 105 F 45/92 - AG Essen - 2 UF 492/92 - OLG Hamm eingeholten Gutachten der Medizinaldirektorin ... vom 15. Juni 1992, das Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, nicht in solchem Maße pflegebedürftig, dass die Klägerin aus diesem Grunde an der Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert wäre. Auch wenn die Sachverständige seinerzeit die Empfehlung ausgesprochen hat, die Klägerin solle eine vollschichtige Erwerbstätigkeit erst nach Abschluss der damals geplanten, aber zu jener Zeit nicht durchgeführten zwei Fußoperationen der Tochter... aufnehmen, so bezog sich diese Empfehlung nur auf den zeitlichen Bereich kurz vor und nach den Operationen. Sie beinhaltete nicht, dass ständig auf die Pflege und Hilfestellung der Klägerin angewiesen sei. Vielmehr hielt die Sachverständige eine gewisse Pflegebedürftigkeit der Tochter nur in der postoperativen Zeit für gegeben, weshalb die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit erst im Anschluss an diese Zeit aufnehmen sollte. Diese Feststellungen der Sachverständigen decken sich im Übrigen mit den Erklärungen der Klägerin im Termin vor dem Senat. Auf entsprechende Fragen nach ihrer Pflegetätigkeit für ... in dem hier streitigen Unterhaltszeitraum räumte sie ein, dass vermehrte persönliche Zuwendung und Hilfestellungen eigentlich erst im Anschluss an den letzten stat...

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