Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 07.05.1997; Aktenzeichen 2 O 255/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07. Mai 1997 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 DM Zug um Zug gegen Rückgabe des Schecks der Beklagten in gleicher Höhe zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das bei der Beklagten seit dem 29.10.1981 zum Zeitwert von 60.000,00 DM (zuzüglich 1.000,00 DM Aufräumkosten) versicherte alte Fachwerkhaus wurde durch Brand am 27.09.1994 zerstört. Die Stadt … hatte 1961 Grundstück und Haus wegen einer geplanten Straßenbaumaßnahme aufgekauft. Diese Planung wurde geändert. Das Liegenschaftsamt der Stadt betrieb 1978 und 1980 wegen des baulichen Zustandes des Hauses den Abbruch des Gebäudes. Das scheiterte letztlich am Einspruch des Landeskonservators. Deshalb wurde Grundstück (403 qm) und Haus 1981 für 61.200,00 DM an Herrn … verkauft. Von ihm wurden in der Folgezeit nur zwei Räume im Obergeschoß und eins im Erdgeschoß zu Wohnzwecken benutzt. Er bewohnte das Haus zum bis einem Verkehrsunfall im Juni 1993, an dessen Folgen er am 19.08.1993 im Krankenhaus verstarb. Beerbt wurde er von seiner Schwester, der Zeugin …. Das Haus blieb in der Folgezeit unbewohnt. Der Wasserzähler wurde im Juni 1994 und der Stromzähler im August 1994 abmontiert. Da sich mehrfach Unbefugte zum Haus und Grundstück Zutritt verschafft hatten, ließ die Zeugin … ein Schild „Betreten verboten! Einsturzgefahr” anbringen.
Mit Kaufvertrag vom 09.08.1994 verkaufte die Zeugin Grundstück und Haus für 115.00,00 DM an die Klägerin. Das Haus wurde nach dem Brand wegen Einsturzgefahr abgebrochen.
Die Klägerin hat einen Zeitwert des Hauses in Höhe von 60.000,00 DM behauptet und verlangt Zahlung dieses Betrages zuzüglich der Aufräumkosten in Höhe von 1.000,00 DM. Ein Scheck in dieser Höhe, den ihr die Beklagte zugesandt hatte, wurde nicht eingelöst.
Die Beklagte hat den Zeitwert bestritten. Das Gebäude sei vielmehr völlig entwertet gewesen und habe von der Klägerin auch abgebrochen werden sollen. Außerdem beruft sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung. Die Zeugin … habe als Eigentümerin und Versicherungsnehmerin das Leerstehen des Hauses nicht angezeigt und auch keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen getroffen, obwohl ihr bekannt gewesen sei, daß sich Unbefugte Zutritt verschafft hätten. Hinsichtlich der Aufräumkosten verweist die Beklagte auf den übergebenen Scheck. Zu einer Zahlung dieses Betrages sei sie nur gegen Rückgabe des Schecks bereit.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Wertgutachtens des Sachverständigen … einen Zeitwert des versicherten Gebäudes zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls in Höhe von 18.000,00 DM festgestellt und die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages verurteilt.
Dagegen wendet sich die Berufung beider Parteien, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 43.000,00 DM nebst 11 % Zinsen seit dem 02.02.1995 sowie weitere 6 % Zinsen auf 18.000,00 DM seit dem 02.02.1995 zu zahlen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin … und durch Anhörung des Sachverständigen …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks verwiesen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg, die der Beklagten ist im wesentlichen erfolgreich.
I.
Es braucht nicht geklärt zu werden, wie hoch der Zeitwert des versicherten Gebäudes zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles war oder ob es auf Dauer völlig entwertet war, da die Beklagte wegen Gefahrerhöhung leistungsfrei geworden ist.
1.
Dadurch, daß das Haus nach dem Unfall des Herrn … bis zum Versicherungsfall nicht mehr bewohnt wurde, ist eine Gefahrerhöhung eingetreten. Zwar ist zutreffend, daß allein das Leerstehen eines Hauses nicht eine Erhöhung der versicherten Gefahr bedeuten muß. Das folgt schon daraus, daß nach dem Auszug der Bewohner die von diesen ausgehenden Gefahren und Gefährdungen entfallen. Eine mehr als nur unerhebliche Gefahrerhöhung (§ 29 VVG) ist aber gegeben, wenn der Zustand des Hauses auch für Außenstehende erkennbar macht, daß das Haus unbewohnt und weitgehend unbeaufsichtigt ist und das Haus so Unbefugte, seien es spielende Kinder oder auch Obdachlose, anreizt, sich Zutritt zu verschaffen. Das gilt erst recht, wenn bekannt geworden ist, daß dies bereits geschehen ist und sich damit diese Gefahr bereits realisiert hat.
Im konkreten Fall ...