Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 25.02.1991; Aktenzeichen 6 O 24/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. Februar 1991 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, jegliche Förderung und Duldung der Prostitution im Hause … in … zu unterlassen.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, die Ausübung der Prostitution im Hause … in … zu unterlassen.
Beiden Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von jeweils 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten je zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagten in Höhe von jeweils weniger als 60.000,– DM.
Tatbestand
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß 543 Abs. 1 ZPO abgesehen)
Die Berufung der Klägerin ist begründet und führt antragsgemäß zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Die Klägerin kann nämlich verlangen, daß der Beklagte zu 1) in dem von ihm bewohnten Haus die Duldung und Förderung der Prostitution und die Beklagte zu 2) dort die Ausübung der Prostitution unterlassen.
I.
Nach dem Sachvortrag beider Parteien in diesem Rechtsstreit und in dem gleichzeitig verhandelten Parallelrechtsstreit … den Erlaß einer einstweiligen Verfügung betreffend, sowie nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung steht fest, daß die Klägerin und der Beklagte zu 1), deren Bruder, hinsichtlich einer ideellen Hälfte des Hausgrundstücks … in … Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft sind, und zwar die Klägerin zu 5/6, der Beklagte zu 1/6. Die Eigentumsverhältnisse an der anderen Grundstückshälfte sind noch ungeklärt und Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist aber davon auszugehen, daß diese Hälfte entweder ihrer Mutter oder dem Beklagten zu 1), der auch im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen ist, keinesfalls aber der Klägerin selbst gehört.
Der Beklagte zu 1) bewohnt gemeinsam mit der Beklagten zu 2), seiner Verlobten, die in der 1. Etage des Hauses liegende Wohnung, die ursprünglich den Eltern und Geschwistern der Klägerin und des Beklagten zu 1) als Wohnung diente. Die Mutter der Klägerin und des Beklagten zu 1) bewohnt eine Wohnung im Erdgeschoß. Die Räume der Wohnung im Obergeschoß sind an verschiedene einzelne Personen vermietet.
Unstreitig ist, daß die Beklagte zu 2) in der vom Beklagten zu 1) und ihr bewohnten Wohnung der Prostitution nachgeht und dafür in Zeitungsanzeigen unter dem Namen … unter Angabe ihrer Telefonnummer wirbt. Dies haben beide Beklagte in erster Instanz ausdrücklich zugestanden (Klageerwiderung S. 2, Bl. 13 GA), und es ist auch vom Landgericht unbeanstandet als unstreitig dargestellt worden (Tatbestand des angefochtenen Urteils S. 2, Bl. 23 GA). In der Berufungserwiderung hat der Beklagte zu 1) darüber hinaus vortragen lassen, er gehe „demselben Gewerbe wie die Beklagte zu 2)” nach. Soweit der Beklagte zu 1) dann in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, weder seine noch die Tätigkeit der Beklagten zu 2) sei Prostitution, weil man dafür kein Geld nehme; vielmehr feiere man nur mit den u.a. per Zeitungsanzeige geworbenen Interessenten gemeinsame Parties, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Zum einen liegt kein wirksamer Widerruf des in erster Instanz erklärten Geständnisses vor (§ 290 ZPO), zum anderen widerspricht die Behauptung, man feiere Parties, nicht der Feststellung, daß es sich dabei um Prostitution, nämlich um die entgeltliche Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen, handelt.
Entscheidungsgründe
II.
Das Begehren der Klägerin, dies unterbunden zu wissen, ist begründet.
1.
Als Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft kann die Klägerin gemäß § 2038 BGB die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßnahmen treffen und die aus §§ 743, 745, 746, 748 BGB folgenden Rechte wahrnehmen sowie nach § 2039 BGB die zum Nachlaß gehörenden Ansprüche zugunsten der Erbengemeinschaft geltend machen.
2.
Gegenüber dem Beklagten zu 1) als Mitglied der Erbengemeinschaft kann die Klägerin gemäß § 2038 Abs. 2 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB eine den Interessen aller Miterben entsprechende Verwaltung und Benutzung des Hauses, dessen Bruchteilseigentümerin zur Hälfte die Erbengemeinschaft ist, verlangen. Es entspricht dem Interesse der Erbengemeinschaft und der Miteigentümer, daß die vom Beklagten zu 1) bewohnte Wohnung weiterhin nur zu Wohnzwecken benutzt wird, wie es auch ursprünglich der Fall war. Die Benutzung der Wohnung zu Zwecken der Prostitution stellt hingegen eine wesentliche Änderung dieser ursprünglichen Benutzungsart dar, die die Erbengemeinschaft und damit auch die Klägerin nicht hinnehmen muß. Der Beklagte zu 1) könnte seinerseits diese Nutzungsänderung gegen den Willen der Klägerin nicht gemäß § 745 Abs. 2 BGB durchsetzen, weil sie weder dem Interesse der Erbengemeinschaft und der Miteigentümer noch billigem Ermessen entspricht. Ob dies allein daraus zu folgern wäre, daß auch unter den heutigen liberalen Moralv...