Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen des Anspruches auf Bewilligung einer Baulast durch den Eigentümer eines mit einer Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücks.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 08.06.2012; Aktenzeichen 19 O 34/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 8.6.2012 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Essen (Az. 19 O 34/12) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, folgende Erklärung abzugeben:
"Vorhabenbezogene Baulasterklärung:
Wir sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung C, Flur 132, Flurstück 238, eingetragen im Grundbuch von C Blatt..., und übernehmen hiermit nachstehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung als vorhabenbezogene Baulast und beantragen die Eintragung in das Baulastverzeichnis der Stadt C:
Wir übernehmen die Verpflichtung, die auf dem Flurstück 238 in der Flur 132 der Gemarkung C gelegene Fläche als Zuwegung (Geh- und Fahrrecht betreffend An- und Abfahrt, nicht jedoch das Abstellen von Fahrzeugen) i.S.d. § 4 Abs. 1 Ziff. 1 der Bauordnung NW zum Flurstück 239 in der Flur 132 der Gemarkung C freizuhalten und allen Benutzern zugänglich zu machen. Diese Verpflichtung dient ausschließlich der Sicherung bzw. Erschließung des folgenden Vorhabens auf dem begünstigten Grundstück: Bau einer unterkellerten Garage und Umbau des auf dem Grundstück vorhandenen Wohnhauses. Die Baulast ist auf dieses Bauvorhaben beschränkt.
Diese Erklärung ist eine (vorhabenbezogene) Baulasterklärung i.S.d. § 83 Bauordnung NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1.3.2000 (GV NW Seite 256) in der zurzeit gültigen Fassung.
Es ist bekannt, dass diese Erklärung kraft Gesetzes gegenüber allen Rechtsnachfolgern wirksam ist und nur dann gelöscht werden kann, wenn ein öffentlich-rechtliches Interesse am Bestehen der Baulast nicht mehr vorliegt.
Rechte Dritter werden durch diese Baulast nicht betroffen.
Durch diese Verpflichtung werden zusätzliche privatrechtliche Vereinbarungen (Anlegung, Instandhaltung, Entschädigung, dingliche Sicherung usw.) nicht berührt bzw. ersetzt."
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke; der Kläger und der Beklagten zu 1) sind Brüder. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Übernahme einer (Erschließungs-/Zuwegungs-)Baulast.
Wegen des weiteren Tatsachenvortrags einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug.
Das LG hat der Klage insoweit stattgegeben, als dass der Kläger die Abgabe der Baulasterklärung betreffend eine Zuwegung, beinhaltend ein Geh- und Fahrrecht, begehrt hat; soweit das klägerische Begehren darüber hinaus die Erstreckung der Verpflichtung auf ein Leitungsrecht erfasste, hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Abgabe der zuerkannten Baulasterklärung ergebe sich als Nebenpflicht aus dem durch die Grunddienstbarkeit geschaffenen gesetzlichen Schuldverhältnis. Da die Grunddienstbarkeit ein Leitungsrecht nicht erfasse, könne sich auch keine Verpflichtung zur Abgabe einer entsprechenden Baulast ergeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren auf Klageabweisung gerichteten Sachantrag weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Insbesondere sind die Beklagten nach wie vor der Auffassung, die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an die Verpflichtung zur Übernahme einer Baulast stelle, seien nicht erfüllt. Zum einen fehle es an der erforderlichen Deckungsgleichheit des Inhalts von Baulast und Dienstbarkeit. Denn, so behaupten sie, der Kläger plane die Bebauung des Flurstücks 239 mit mehreren (sieben bis acht) Einfamilienhäusern. Bisher stehe auf dem 2.656 qm (696 Gebäude- und Freifläche und 1.960 qm Gehölz) großem Grundstück ein Wohnhaus und eine Garage, errichtet noch von den Eltern der Parteien. Nur aus taktischen Gründen behaupte der Kläger, er wolle eine Garage bauen. Das mit der Grunddienstbarkeit belastete Wegegrundstück sei nur 3 Meter breit und könne den Verkeh...