Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 14.07.1987; Aktenzeichen 11 O 214/88) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Juli 1987 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts … abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.789,93 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Dezember 1987 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist Zwangsverwalter über verpachtete landwirtschaftliche Grundstücke des Schuldners … und begehrt als solcher von der Beklagten Pachtzinsen ausgekehrt, die diese als Zessionarin für die Zeit nach Beschlagnahme im voraus erhalten hat.
Im Herbst 1984 schloß der Schuldner mit mehreren Landwirten zehnjährige Pachtverträge ab, wonach der Zins jeweils zu Beginn eines jeden Pachtjahres am 1. Oktober fällig sein sollte. Durch Vereinbarung vom 12. Juni 1985 trat er diese Forderungen an die Beklagte ab, die daraufhin die Zinsen für das Pachtjahr 1985/86 in Höhe von 17.684,89 DM einzog. Durch Beschluß des Amtsgerichts … vom 17. Dezember 1985 (11 L 46/85) wurden die Grundstücke auf Antrag der … wegen eines letztrangigen Grundschuldteilbetrages von 10.000,– DM nebst 18 % Zinsen seit dem 30.12.1983 und einer anteiligen Nebenleistung von 500,– DM beschlagnahmt.
Der Kläger hat gemeint, daß die Verfügung des Schuldners über den Pachtzins gemäß § 1124 II BGB ihm gegenüber nur für die Zeit bis einschließlich Januar 1986 wirksam sei. Die Mehreinnahmen für das restliche Pachtjahr (acht Monate) von 11.789,93 DM (2/3 von 17.684,89 DM) müsse die Beklagte ihm nach Bereicherungsgrundsätzen herausgeben; insoweit hat er die Einziehung genehmigt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß gemäß § 1124 I 1 BGB die Enthaftung durch Einziehung vor Beschlagnahme eingetreten sei. Die vereinbarte und übliche Vorauszahlung für ein Pachtjahr falle nicht unter die Regelung des § 1124 II BGB, da sie nicht einfach in Monatsbeträge aufspaltbar sei. Ferner hätten die Pächter auf eine Forderung gezahlt, die infolge Abtretung bereits endgültig aus dem Haftungsverband ausgeschieden gewesen sei (§ 1124 I 2 BGB). Soweit ein Zessionar geschuldete Zahlungen erhalten habe, sei er im Verhältnis zum Grundpfandgläubiger schutzwürdig; er brauche nicht damit zu rechnen, daß ihm aufgrund einer Beschlagnahme des Grundstücks ein Teilbetrag der Zinsen wieder entzogen werden könne.
Das Landgericht hat sich dieser Ansicht angeschlossen und die Klage abgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß eine Vorausverfügung im Sinne des § 1124 II BGB über das Nutzungsentgelt für die Zeit nach Beschlagnahme (ausnahmsweise) insoweit nicht vorliege, als die Zahlung im voraus vertraglich vorgesehen und vor Beschlagnahme fällig geworden sei.
Der Kläger hält dies nach wie vor für unzutreffend und beantragt,
abändernd die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.789,93 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Dezember 1987 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt aus, daß es im Einklang mit der (ständigen) Rechtsprechung des Reichsgerichts stehe; entgegen der Annahme des Klägers sei diese vom BGH nicht abgelehnt worden.
Hinsichtlich des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet.
Der Kläger kann die Beklagte gemäß § 816 II BGB auf Auskehrung der Pachtzinszahlungen betreffend die Zeit ab Februar 1986 in Anspruch nehmen, da der Schuldner die insoweit zugrundeliegende Forderung nicht mit Wirkung gegen die … übertragen konnte (1) und der Kläger zur Wahrnehmung der dieser hieraus erwachsenen Rechte befugt ist (2).
1.
Sowohl die Abtretung der Pachtzinsforderungen seitens des Schuldners an die Beklagte vom 12. Juni 1985 als auch die Einziehung derselben durch die Beklagte im voraus für das Pachtjahr 1985/86 waren im Verhältnis zur … als Grundschuldgläubigerin gemäß den §§ 1192 I, 1124 II BGB zunächst nur schwebend wirksam und sind hinsichtlich der sie (auch) betreffenden Pachtzeit ab dem übernächsten Kalendermonat auf die Beschlagnahme durch Beschluß vom 17. Dezember 1985 endgültig unwirksam geworden. Diese Regelung ergibt sich begriffsklar und eindeutig ohne weiteres aus dem gesetzlichen Tatbestand, der für eine differenzierende Betrachtung oder für Anwendungsvorbehalte keinen Raum läßt; der Wortlaut des Gesetzes ist bestimmt und jedenfalls in Bezug auf die Subsumtion des anstehenden Sachverhalts keiner einschränkenden Interpretation zugänglich.
Es erscheint bereits sehr zweifelhaft, ob unter diesen Voraussetzungen dem Gebot der Rechtsklarheit und -sicherheit zuwider eine weitere Auslegung der Norm überhaupt zulässig ist. Letztlich bedarf das grundsätzliche Problem der Auslegungsfähigkeit hier allerdings keiner Vertiefung, da eine den Wortlaut hinterfragende Betrachtung den begrifflichen Regelungsgehalt nicht etwa als ungewollt oder widersinnig charakterisiert, sondern in...