Leitsatz (amtlich)
1) Die Aussage "Scheidung online -≫ spart Zeit, Nerven und Geld" auf der Internetseite eines Anwalts ist jedenfalls dann nicht irreführend, wenn die Art und Weise, wie Kosten gespart werden können, im Folgesatz hinreichend erläutert wird.
2) In dieser Aussage ist auch keine unsachliche Werbung zu sehen, mit der der Anwalt gegen §§ 43b BRAO, 6 BORA verstößt. Eine solche Werbung ist ungeachtet einer damit verbundenen Anlockwirkung jedenfalls dann erlaubt, wenn sie -wie hier- keine reklamehafte gleichsam "marktschreierische" Gestalt annimmt und auch nicht geeignet ist, das Vertrauen in die Integrität der Anwaltschaft zu beeinträchtigen.
3) Die Darstellung eines online eingeleiteten Scheidungsverfahrens als formalisiertes Verfahren in neun Schritten ist weder irreführend noch unsachlich, wenn sie wie eine mündliche Beratung wirkt, inhaltlich nicht zu beanstanden ist und dabei auch nicht den Eindruck erweckt, dass eine anwaltliche Beratung in keinem Fall stattzufinden braucht.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1 S. 2, § 4 Nr. 11; BRAO § 43b; BORA § 6 Abs. 1; GG Art. 12
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 19.06.2012; Aktenzeichen 12 O 65/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.6.2012 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen- des LG Bochum wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin, die für den Bezirk des OLG Hamm zuständige Rechtsanwaltskammer, nimmt den Beklagten, einen in C ansässigen Rechtsanwalt, auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten im Zusammenhang mit Angaben zu einer sog. "Online-Scheidung" auf dessen Internetseiten in Anspruch.
Im vorliegenden Berufungsverfahren streiten die Parteien noch um die Zulässigkeit folgender Angaben des Beklagten, wie sie sich aus der Anlage K 2 zur Klageschrift vom 4.4.2012 ergeben (Bl. 34, 36 d.A.):
"Scheidung Online -≫ spart Zeit, Nerven und Geld
Bei einer unstreitigen Ehescheidung können zunächst erhebliche Kosten gespart werden, da nur ein Rechtsanwalt erforderlich ist. Darüber hinaus versuchen wir, den Streitwert um 30 % zu verringern. Ein entsprechender Antrag wird von uns in unstreitigen Scheidungsangelegenheiten gegenüber dem jeweiligen Gericht gestellt. Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt dann im Scheidungstermin durch das Gericht.".
Streitgegenständlich ist zudem die Darstellung eines Scheidungsverfahrens als formalisiertes Verfahren in neun Schritten entsprechend den Anlagen K 4 und 5 zur Klageschrift vom 4.4.2012 (Bl. 42 ff. d.A.), wie sie in den diesbezüglichen Unterlassungsantrag der Klägerin einbezogen sind (Bl. 412 - 414 d.A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.10.2011 (Anlage K 6 zur Klageschrift, Bl. 55 ff. d.A.) mahnte die Klägerin den Beklagten ab. Sie hat die streitgegenständlichen Werbeangaben des Beklagten als irreführend i.S.v. § 5 UWG angesehen und zudem die Ansicht vertreten, diese verstießen auch gegen § 43b BRAO und § 6 Abs. 1 BORA. Der Beklagte gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das LG hat dem Beklagten die Darstellung eines Scheidungsverfahrens als formalisiertes, auf der Basis von Formularen abzuwickelndes Verfahren in vier Schritten untersagt und diesen zur Zahlung eines Teilbetrags der geltend gemachten Abmahnkosten nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nur hinsichtlich der Darstellung des Ablaufs der "Online-Scheidung" in vier Schritten sei ein Unterlassungsanspruch gegeben. Diese Darstellung verkürze den Ablauf so sehr, dass sie unsachlich sei und die Fehlvorstellung erwecke, die Scheidung "online" reduziere das Verfahren auf ganz wenige formalisierte und stets problemlos zu erfüllende Schritte. Hinsichtlich der übrigen gerügten Angaben hat das LG eine Irreführung des Verbrauchers und einen Verstoß gegen die berufsrechtlichen Vorschriften zur anwaltlichen Werbung verneint. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Klägerin greift dieses Urteil mit der Berufung an, soweit das LG die Klage abgewiesen hat. Sie rügt, das LG habe fehlerhaft eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG und einen Verstoß des Beklagten gegen § 43b BRAO, § 6 BORA verneint. Es sei unzulässig, dass es auf angeblich aufklärende Darstellungen auf der sog. Homeseite des Internetauftritts des Beklagten verwiesen habe. Die dortigen Darstellungen seien nic...