Leitsatz (amtlich)

Ein Testamentsvollstrecker kann den Anspruch auf eine angemessene Vergütung verwirken, wenn ihm eine zumindest grob fahrlässige Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden kann.

Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn erst zwei Jahre nach dem Erbfall wirksam die Annahme des Testamentsvollstreckeramtes erklärt wird und keinerlei Tätigkeit zur Vermächtniserfüllung förderliche Tätigkeit im Sinne einer Amtsführung entfaltet wird.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 05.09.2012; Aktenzeichen 8 O 89/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 5.9.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hagen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger - Rechtsanwalt und Notar a.D. - nimmt den Beklagten als Alleinerben des am 19.1.2008 verstorbenen Erblassers F I auf Ausgleich einer Testamentsvollstreckervergütung in Anspruch. Er war langjähriger Freund und Berater des Erblassers, der ein Vermögen mit einem Wert von über 5.000.000,- Euro hinterließ.

Der Erblasser hatte vor seinem Tode zwei letztwillige Verfügungen errichtet, die von dem AG Hagen zum Geschäftszeichen 7 IV 33/08 eröffnet wurden.

Mit einem unter dem 08.01. und 10.1.2005 errichteten privatschriftlichen Testament bestimmte der Erblasser den Beklagten - seinen einzigen Sohn - zum Alleinerben, wobei er zu seinen Gunsten ein Vorausvermächtnis betreffend die Immobilie S-Straße in I1 anordnete. Nach dieser letztwilligen Verfügung sollte die Lebensgefährtin V O des Erblassers ein Barvermächtnis von 350.000,- Eruo zzgl. der darauf anfallenden Erbschaftssteuer erhalten. Weitere Geldvermächtnisse waren der Ehefrau des Beklagten mit 50.000,- Euro sowie den Töchtern eines in Zürich verstorbenen Neffen des Erblassers i.H.v. jeweils 8.000,- Euro zugedacht; auch in diesen Fällen sollte die anfallende Erbschaftssteuer aus dem Nachlass beglichen werden.

Weitere Vermächtnisse ordnete der Erblasser in dem privatschriftlichen Testament zugunsten seiner Enkelkinder - Töchter des Beklagten - G und K I an; diese sollten als Vermächtnisnehmerinnen Miteigentumsanteile an den Grundbesitz Fahrenbecke 18 bis 18c in I1 erhalten, wobei dem Alleinerben ein lebzeitiger Nießbrauch vorbehalten bleiben sollte. Soweit dem Erben der Grundbesitz S-Straße in I1 als Vorausvermächtnis zustehe, solle dessen Töchtern ein Nachvermächtnis anfallen. Hierzu ordnete der Erblasser unter Ziff. 3b) des Testamentes an, dass die Anwartschaftsrechte der Nachvermächtnisnehmerinnen durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch abzusichern seien.

Unter Ziff. 5) des Testamentes traf der Erblasser folgende Anordnung:

"Ich ordne Testamentsvollstreckung an und bestimme zum Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt und Notar V1 T in I1. Der Testamentsvollstrecker hat ausschließlich die Aufgabe, für die Erfüllung der Vermächtnisse einschließlich Grundbuchsicherung zu sorgen."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Testamentes vom 08./10.1.2005 wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 9 bis 12 d.A.) Bezug genommen.

Unter dem 28.7.2006 beurkundete der Kläger als Notar eine vom Erblasser erklärte Ergänzung seiner bisher getroffenen letztwilligen Verfügungen. In dieser Urkunde heißt es u.a.:

"Wegen des Hauses S-Straße soll mein Sohn als Vermächtnisnehmer wie ein Vorerbe befreit sein von allen Beschränkungen, deren Befreiung zulässig ist.

Der Testamentsvollstrecker hat für die Dauer eines Jahres nach meinem Tode den Gesamtnachlass zu verwalten."

Wegen der weiteren Einzelheiten der notariellen Urkunde wird auf die zu den Akten gereichte Anlage B 1 (Bl. 99/100 d.A.) verwiesen.

Bereits zu Lebzeiten hatte der Erblasser dem Beklagten - seinem einzigen Sohn - umfangreiche Bankvollmachten erteilt. Nach dem Erbfall am 19.1.2008 ließ der Kläger erstmals am 3.3.2006 einen Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses notariell beurkunden, der am 6.3.2008 beim AG Hagen zum Aktenzeichen 7 IV 114/08 einging. In diesem Antrag heißt es u.a.:

"Der Antragsteller nimmt das Amt mit Wirkung der bestandskräftigen Entscheidung des Nachlassgerichts über diesen Antrag und die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses an."

Zuvor hatte der Kläger mit Schreiben vom 4.3.2008 an den Erben- wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage B 13 (Bl. 141 d.A.) Bezug genommen wird - mitgeteilt:

"Ebenso deutlich sage ich ihnen aber, dass ich meine Rechte als Testamentsvollstrecker wahrnehme und deshalb jetzt hiermit schon einmal alle Ihnen zu Lebzeiten erteilten Vollmachten widerrufe.

Ich warte noch ab, ob ich diesen Widerruf mit Außenwirkung erkläre oder Ihnen hiermit nur persönlich mitteile.

Ich will Ihrem letzten Satz entsprechend mal sehen, wie Sie die Zukunft angehen.

Das Tes...

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