Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem Anspruch des Unternehmers aus § 648a Abs. 1 BGB auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit handelt es sich um einen sog. verhaltenen Anspruch. Die Verjährung dieses Anspruchs beginnt daher entsprechend §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2, 696 Satz 3 BGB erst mit der Geltendmachung des Anspruchs durch den Unternehmer.
2. Darauf, ob der Unternehmer zum Zeitpunkt des Sicherungsverlangens bereit und in der Lage ist, die ei-gene Leitung zu erbringen, kommt es nicht an (Abgrenzung zu der § 648a BGB in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung betreffenden Rechtsprechung des BGH [Urteile vom 09.11.2000 - VII ZR 82/99, NZBau 2001, 129, und vom 27.09.2007 - VII ZR 80/05, NJW-RR 2008, 31]).
3. Die Vereinbarung eines Gewährleistungseinbehalts schließt den Anspruch des Unternehmers auf Si-cherheit i.S.v. § 648a Abs. 1 BGB hinschtlich dieses Teilbetrages nicht aus. Nach der Neuregelung des § 648a BGB ist allein maßgeblich, dass dem Unternehmer überhaupt noch ein Vergütungsanspruch zusteht (Anschluss an BGH, Urteil vom 06.03.2014 - VII ZR 349/12, NZBau 2014, 343).
4. § 648a BGB ist ferner auch im VOB-Vertrag uneingeschränkt anwendbar (Anschluss an BGH, Urteil vom Urteil vom 16.04.2009 - VII ZR 9/08, NZBau 2009, 439).
Normenkette
BGB §§ 648a, 195, 199 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 06.03.2015; Aktenzeichen 7 O 270/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 06.3.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Bielefeld (7 O 270/14) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für ausstehende Vergütungsansprüche einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen aus dem Werkvertrag zwischen der J GmbH und der Beklagten vom 06.7.2009 über die Erweiterung einer Biogasanlage in L über einen Betrag in Höhe von 32.450,00 EUR Sicherheit zu stellen nach deren Wahl durch
- Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,
- Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,
- Verpfändung beweglicher Sachen,
- Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
- Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken oder
- durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 44.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um einen Anspruch der J GmbH auf Gestellung einer Sicherheit i.S.v. § 648a BGB in Höhe von 32.450,00 EUR wegen restlicher Vergütungsansprüche sowie Nebenforderungen, die der Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter geltend macht.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte schlossen am 06.07.2009 unter Einbeziehung der VOB/B einen Vertrag über die Erweiterung einer Biogasanlage in L zum Pauschalfestpreis von 295.000,00 EUR netto, der nach dem in § 12 Abs. 1 des Vertrages vereinbarten Zahlungsplan nach Baufortschritt zu entrichten war.
Die Beklagte nahm die Anlage am 25.02.2010 unter Vorbehalt zahlreicher Mängel ab. Die Schlussrechnung der Insolvenzschuldnerin vom Folgetag über 14.750,00 EUR bezahlte sie ebenso wenig wie die vorangegangene 5. Abschlagsrechnung vom 21.01.2010 über denselben Betrag.
Über den restlichen Vergütungsanspruch der Insolvenzschuldnerin in Höhe von mithin 29.500,00 EUR nebst Zinsen streiten die Parteien in einem Parallelverfahren vor dem LG Bielefeld (Az. 7 O 78/13).
Die Beklagte rügte mit anwaltlichem Schreiben vom 28.04.2011 zahlreiche Mängel und forderte die Insolvenzschuldnerin unter Fristsetzung bis zum 26.05.2011 zur Nacherfüllung auf.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.09.2012 forderte die Insolvenzschuldnerin ihrerseits die Beklagte zur Zahlung der restlichen Vergütung sowie zur Stellung einer Sicherheit i.S.v. § 648a BGB unter Fristsetzung bis zum 14.10.2012 auf.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er könne auch in Ansehung einer von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit Ersatzvornahmekosten in Höhe von rund 8.600,00 EUR zur Sicherung des gesamten restlichen Vergütungsanspruchs zzgl. Nebenforderungen eine Sicherheit i.S.v. § 648a BGB verlangen, weil - was unstreitig ist - ein etwaiger Anspruch der Beklagten wegen einer durchgeführten Ersatzvornahme weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt sei. Hierzu hat er behauptet, die Insolvenzschuldnerin habe alle gerügten Mängel beseitigt.
Soweit er aufgrund einer im Parallelverfahren erhobenen Widerklage der Beklagten darüber hinaus wider Erwarten zur Beseitigung weiterer Mängel verurteilt werde, sei eine solche auch in Ansehung der Insol...