Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 13 O 109/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.11.2019 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass
1. die Beklagte zu 1) keinen Anspruch gegen die Klägerin hat, dass diese es unterlässt, sie bei "B" anzuschwärzen oder durch aggressive geschäftliche Handlungen zu belasten, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet;
2. die Beklagte zu 1) keinen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1. hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet;
3. die Beklagte zu 1) keinen Auskunftsanspruch gegen die Klägerin in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1. hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet;
4. die Beklagte zu 1) keinen Anwaltsgebührenersatzanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 3.652,71 EUR hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt 9% ihrer eigenen erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten, 9% der erst- und zweitinstanzlichen gerichtlichen Kosten sowie die erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagte zu 1) trägt 91% der erst- und zweitinstanzlichen gerichtlichen Kosten, 91% der erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie ihre eigenen erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Die Klägerin vertreibt Lampen und Leuchten auf dem deutschen Markt. Die Beklagte zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vertreibt ebenfalls Lampen und Leuchten auf dem deutschen Markt, die Beklagten zu 2) und 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1).
Anfang Juni 2019 unterhielt die Beklagte zu 1) auf der Internetplattform "B" u.a. unter der B SIN ...00...1 das Produktangebot "LED Einbaustrahler schwenkbar flach 3000K warmweiß 230V dimmbar Deckenstrahler Einbauleuchte Einbauspot, Farbe: Weiß, Einheit:1 Stück [Energieklasse A+++]" (Internetausdruck Anlage F1b = Blatt 10-13 der Gerichtsakte) und unter der B SIN ...00...0...2 das Produktangebot "LED Einbaustrahler schwenkbar flach 3000K warmweiß 230V dimmbar Deckenstrahler Einbauleuchte Einbauspot, Farbe: Weiß, Einheit:6 Stück [Energieklasse A+++]" (Internetausdruck Anlage F1c = Blatt 14-17 der Gerichtsakte).
Die Klägerin erhielt spätestens am 03.06.2019 Kenntnis von den beiden vorbezeichneten Produktangeboten. Am 03.06.2019 wandte sich die Klägerin an den Betreiber der Internetplattform "B" (im Folgenden zur Vereinfachung: Plattformbetreiber) und äußerte, (zumindest) diese beiden Produktangebote entsprächen nicht den Vorgaben der "Delegierten Verordnung (EU) Nr. 874/2012 der Kommission vom 12.07.2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Energieverbrauchskennzeichnung von elektrischen Lampen und Leuchten" (im Folgenden: VO (EU) Nr. 874/2012). Der Plattformbetreiber entfernte daraufhin die beiden oben bezeichneten Produktangebote sowie zehn weitere Produktangebote der Beklagten zu 1) von der Internetplattform "B" und informierte die Beklagte zu 1) hierüber mit E-Mail vom 11.06.2019 (Anlage F4 = Blatt 25 der Gerichtsakte). Die Entfernung der Produktangebote begründete der Plattformbetreiber in dieser E-Mail wie folgt:
"(...) Das Energieeffizienzlabel wird bei den Angeboten nicht ordnungsgemäß dargestellt (Anhang VIII der Verordnung EU 874/2012). Das Label wird weder unmittelbar neben dem Preis noch mittels einer geschachtelten Anzeige dargestellt. (...)"
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.07.2019 (Anlage F9 = Blatt 58-64 der Gerichtsakte) mahnte die Beklagte zu 1) die Klägerin ab. Die "Beschwerde" der Klägerin bei dem Plattformbetreiber sei unlauter gewesen. Sie stelle eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a UWG, eine "Anschwärzung" im Sinne des § 4 Nr. 2 UWG und eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Ihr, der Beklagten zu 1), stehe daher ein Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu. Die Klägerin sei darüber hinaus zur Auskunftserteilung über den Umfang ihres unlauteren Verhaltens und zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet; sie, die Beklagte zu 1), schätze den entstandenen Schaden überschlägig auf einen Betrag von ca. 191.000,00 EUR. Schließlich sei die Klägerin verpflichtet, die ihr, der Beklagten zu 1), entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 3.652,71 EUR (Rechtsanwaltsvergütung, berechnet nach einem Gegenstandswert von 60.000,00 EUR) z...