Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 30.06.2009; Aktenzeichen 12 O 25/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.6.2009 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer Kammer für Handelssachen des LG Bochum wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Tenor zu 1a statt "eines Gasversorgungsunternehmens" richtig "ihres Gasversorgungsunternehmens" und im Tenor zu 1b statt "eines ... Geschäftsbetriebes" richtig "ihres ... Geschäftsbetriebes" heißt.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung i.H.v. 300.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen versorgen die Einwohner der Städte X bzw. I, den Handel und das ansässige Gewerbe mit Strom, Gas und Wärme. Die Klägerinnen sind zwar privatrechtlich organisiert, Inhaber aller Geschäftsanteile bzw. Aktien sind aber die Städte X, I und C.

Die Beklagte befindet sich vollständig in privatem Besitz. Sie bietet Kunden insbesondere über das Internet die Versorgung mit Gas an. Wegen ihres Internetsauftritts wird insbesondere auf das Anlagenkonvolut S und B 1 Bezug genommen.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Verwendung der Bezeichnung "Stadtwerke" in der früheren Firmierung der Beklagten sowie in dem werblichen Hinweis, dass die Beklagte ein modernes Stadtwerk sei, sei irreführend für die angesprochenen Verbraucher. Als "Stadtwerke" würden nach dem Verständnis der Verbraucher kommunale Versorgungsunternehmen bezeichnet oder zumindest gemeindenahe Betriebe, die die Grundversorgung der Bevölkerung mit Strom, Wasser und Gas abdeckten.

Das LG hat durch Urteil vom 30.6.2009 antragsgemäß ggü. der Beklagten wie folgt für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

a) zur Förderung des Wettbewerbs Dienstleistungen eines Gasversorgungsunternehmens unter Verwendung des Begriffs "Stadtwerke" wie nachfolgende abgebildet zu bewerben

b) den Begriff "Stadtwerke" zur Kennzeichnung oder als Teil der Kennzeichnung eines auf die Erbringung von Dienstleistungen der Energieversorgung mit Erdgas gerichteten Geschäftsbetriebes zu verwenden;

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtungen gemäß vorstehenden Ziff. 1. a) und b) ein Ordnungsgeld bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf;

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen unverzüglich Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziff. 1. a) und b) genannten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern unter Angabe von Auflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen durch die vorstehend unter Ziff. 1. a) und b) genannten Handlungen entstanden ist und möglicherweise noch entsteht;

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger 3.303,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.2.2009 zu zahlen.

Das LG hat eine Täuschung der Beklagten im Hinblick auf ihre geschäftlichen Verhältnisse bejaht und ausgeführt, mit dem Begriff "Stadtwerke" assoziiere der Verkehr ein Unternehmen der Daseinsvorsorge, das einen Bezug zum kommunalen Träger ausweise. Der Verkehr erwarte eine Verbindung zu einer Stadt, die dieser eine Einflussmöglichkeit auf die Geschäftspolitik verschaffe und die das Unternehmen in einer finanziellen Krise auffange. In vielen Fällen könne noch die Erwartung hinzu kommen, dass die Erlöse jedenfalls teilweise der Gemeinschaft zugute kämen. Sollten auch andere Unternehmen in rein privater Trägerschaft die Bezeichnung "Stadtwerke" führen, habe dies in der Region auf das Vorstellungsbild der Verbraucher keinen Einfluss genommen. Der Irreführung stehe nicht entgegen, dass die Firmierung der Beklagten nicht auf eine konkrete Stadt hindeute. Auch in dem Falle bleibe es bei der generellen Erwartung.

Das LG hat auch die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Täuschung bejaht. Diese werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verbraucher möglicherweise erkennen könne, dass die Beklagte keinerlei Bezug zu einer Stadt habe.

Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 155 ff. d.A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Beklagte weiterhin der Auffassung, dass der Verbraucher mit dem Begriff Stadtwerke lediglich ein beliebiges Unternehmen der Daseinsvorsorge assoziiere. Deshalb führe der Gebrauch dieses Begriffes durch die Beklagte den Verbraucher auch nicht in die Irre. Inzwischen wiesen eine Reihe derartiger Unternehmen, die ebenfal...

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