Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 05.01.1989; Aktenzeichen 15 O 526/87)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das am 5. Januar 1989 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.10.1987 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen zukünftigen materiellen Schaden für die Zeit nach dem 05.10.1987 aus Anlaß des Verkehrsunfalls vom 19.03.1983 zu ersetzen, soweit kein öffentlich-rechtlicher Forderungsübergang vorliegt.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Parteien: unter 35.000,00 DM.

 

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 19.03.1983 auf der Autobahn ... bei ereignet hat. Die Klägerin befand sich als Beifahrerin im Pkw des Zeugen ... Auf dieses Fahrzeug fuhr ein Versicherungsnehmer des Beklagten auf. Die Klägerin erlitt ein Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule (HWS). Die volle Haftung des Beklagten ist außer Streit. Er hat vorprozessual auf die Schmerzensgeldansprüche der Klägerin 5.000,00 DM gezahlt.

Mit der Behauptung, sie habe einen schweren Dauerschaden erlitten, hat die Klägerin mit der Klage ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld in vorgestellter Höhe von 25.000,00 DM gefordert und die Feststellung begehrt, daß der Beklagte ihr - vorbehaltlich eines eventuellen Anspruchsübergangs - zum Ersatz aller zukünftigen materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 19.03.1983 verpflichtet sei.

Das Landgericht hat ein orthopädisches Gutachten des ... eingeholt. Auf dieser Grundlage hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die gezahlten 5.000,00 DM reichten als Schmerzensgeld aus, da nicht bewiesen sei, daß das HWS-Trauma ungewöhnlich schwere, auch nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Unfall noch andauernde Beeinträchtigungen zur Folge gehabt habe. Bei dieser Sachlage könne die Klägerin auch keine unfallbedingten künftigen vom Beklagten zu ersetzenden Schäden darlegen.

Mit der form-und fristgerechten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens greift sie das Gutachten des ... an und legt dazu die Stellungnahmen verschiedener von ihr konsultierter Ärzte vor.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat die Klägerin gemäß § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen .... Wegen des Ergebnisses wird auf die Berichterstattervermerke vom 30.08.1990 und vom 29.06.1992 Bezug genommen.

Außerdem sind folgende Sachverständigengutachten eingeholt worden:

a) ein fachorthopädisches Gutachten des ... vom 10.08.1989 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 12.06.1990, vom 16.08.1990 und vom 08.06.1993;

b) ein neurochirurgisches Gutachten des ... vom 22.01.1992;

c) ein neurochirurgisches Gutachten des ... vom 22.02.1993.

Auf den Inhalt dieser Gutachten wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist im wesentlichen begründet.

Die dem Grunde nach unstreitige, auf §§ 823, 847 BGB, § 3 Nr. 1 PflVG beruhende Verpflichtung des Beklagten zur Schmerzensgeldzahlung ist durch die vorprozessual gezahlten 5.000,00 DM nicht erfüllt, denn die Klägerin hat einen erheblichen Dauerschaden erlitten, der ein Gesamtschmerzensgeld von 25.000,00 DM rechtfertigt. Wegen der fortdauernden Schäden ist auch der Feststellungsantrag zulässig und begründet.

1. Die Klägerin leidet an Nacken- und Hinterkopfschmerzen mit Ausstrahlung in die Stirnregion beiderseits, ferner an ziehenden Schmerzen im Bereich der rechten Hand, die ein- bis zweimal pro Woche auftreten. Außerdem kommt es im Bereich der HWS gelegentlich zu schmerzhaften Fixierungen, so daß angefangene Bewegungen nicht völlig zu Ende geführt werden können. Insbesondere durch die Nackenschmerzen wird das Wohlbefinden der Klägerin erheblich beeinträchtigt. Der Zeuge ... - es handelt sich um den inzwischen verstorbenen Lebensgefährten der Klägerin - hat anschaulich geschildert, daß die Schmerzen manchmal - vor allem morgens - so stark sind, daß die Klägerin kaum ohne Hilfe aufzustehen vermag und zunächst in kniender Haltung vor dem Bett verharren muß, bis sie sich aufrichten kann. An anderen Tagen kann sie zwar ohne derartige Beschwerden aufstehen, hat aber häufig Kopfschmerzen. Da diese durch Belastungen gesteigert werden, ist die vor dem Unfall sportlich aktive Klägerin in ihrer Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt.

Die Schilderungen des Zeugen ... und der gemäß § 287 ZPO angehörten Klägerin sind glaubhaft. Sie werden zumindest teilweise durch die gutachterlichen Befunde bestätigt. Zwar lassen sich Schmerzempfindungen medizinischerseits allenfalls eingeschränkt objektivieren. Jedoch hat bereits ... in seinem in erster Instanz unter dem 01.06.1988 erstatteten Gutachten (Bl. 48 ff. d.A.) au...

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