Verfahrensgang
LG Paderborn (Entscheidung vom 17.06.2010; Aktenzeichen 4 O 556/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 17. Juni 2010 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert und so neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass eine Forderung der Klägerin gegen den Beklagten aus rückständigen Gesellschaftereinlagen i. H. v. 3.150,00 € als Rechnungsposten in die Berechnung des Abfindungsanspruchs des Beklagten einzustellen ist.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Für die Klägerin wird die Revision zugelassen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin sieben Zehntel und der Beklagte drei Zehntel.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Gründe
A.
Die Klägerin begehrt aus dem am 1.6.2006 erklärten Beitritt des Beklagten Zahlung vereinbarter Gesellschaftereinlagen i. H. v. monatlich 52,50 € für 40 Monate von September 2006 bis einschließlich Dezember 2009 sowie eine Einmalzahlung i. H. v. 3.150,00 €. Der Beklagte leistete nur die vereinbarten Monatsraten bis August 2006 und kündigte etwa zwei Monate nach Unterzeichnung des Beitritts im August 2006 gegenüber der Klägerin seine Beteiligung. Er hat sich erstinstanzlich damit verteidigt, seine Beitrittserklärung sei unter Ausnutzung seiner Unerfahrenheit abgegeben, das Rechtsgeschäft mithin gemäß § 138 II BGB nichtig. Daneben hat er die Täuschungsanfechtung erklärt mit der Begründung, über das Risiko seiner Beteiligung nicht ausreichend aufgeklärt worden zu sein, mangels ausreichender Sprachkenntnisse als Russlanddeutscher den Sinn der Beitrittserklärung nicht erfasst und den Emissionsprospekt nicht ausgehändigt erhalten zu haben.
Das Landgericht hat zunächst im Urkundsprozess durch Vorbehaltsurteil vom 14.4.2010, sodann durch das bestätigende, jetzt angefochtene Schlussurteil der Klage in der Hauptsache aus § 705 BGB stattgegeben. Es hat den Beitritt als wirksam angesehen, die Kündigung dagegen mangels eines wichtigen Grundes gemäß § 723 I BGB für unwirksam erachtet. Der Beklagte habe das Verschweigen der Risiken der Beteiligung durch den Vermittler C2 und seine Unkenntnis davon nicht bewiesen; der insoweit weiter angebotene Zeuge C sei als Beweismittel ungeeignet. Die ebenfalls zugesprochenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten könne die Klägerin als Verzugsschaden beanspruchen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Mit der Berufung begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Er rügt das Unterlassen der Vernehmung des Zeugen C (Vater des Beteiligungsvermittlers C2) als rechtsfehlerhaft. Tatsächlich sei mit dessen Aussage beweisbar, dass er, Beklagter, zu der Beitrittserklärung unter Ausnutzung seiner Unerfahrenheit und fehlenden Urteilsvermögens sowie Täuschung über die schlechte finanzielle Situation der Klägerin bestimmt worden sei. Auch habe er das Beteiligungsverhältnis mit Schreiben vom 19.7.2010 erneut gekündigt.
Zudem macht der Beklagte nunmehr geltend, mit Erklärung vom 10.1.2011 die Beitrittserklärung unter Berufung auf ein vermeintliches vertragliches Widerrufsrecht widerrufen zu haben. Die Überschreitung der zweiwöchigen Widerrufsfrist hält er wegen Fehlens einer ausreichenden Belehrung für unbeachtlich.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung, hilfsweise die Feststellung ihrer Forderung auf die Einlage nebst Prozesszinsen als Rechnungsposten für die Ermittlung des Abfindungsanspruchs des Beklagten.
Sie hält das landgerichtliche Urteil für richtig und tritt der Auffassung des Beklagten, den Beitritt in Ausübung eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts wirksam widerrufen zu haben, mit Rechtsausführungen entgegen.
B.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise insoweit Erfolg, als die Zahlungsklage in Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen ist. Es ist aber an Stelle der Leistungsverurteilung festzustellen, dass die Forderung der Klägerin auf die als Gesellschaftereinlage vereinbarte Einmaleinlage in die Berechnung des Abfindungsguthabens des Beklagten einzustellen ist.
I. Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch aus § 705 BGB mehr, weil der Beklagte aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, indem er seine Beteiligung im August 2006 wirksam gekündigt hat. Die bis dahin fälligen monatlichen Beiträge wurden geleistet. Offen ist nur die am 15.6.2006 fällig gewordene Einmaleinlage i. H. v. 3.150,00 €, deren Leistung aber nicht isoliert außerhalb der Feststellung des Saldos der wechselseitigen Ansprüche nach dem Ausscheiden verlangt werden kann.
a) Der Beklagte hat ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils uns...