Entscheidungsstichwort (Thema)

Missbrauchseinwand bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 26.02.2010; Aktenzeichen 22 O 146/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.2.2010 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Münster wird zurückge-wiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil teil-weise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien bieten im Internet u.a. Motorradzubehör, darunter auch Motorradhelme an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.6.2009 mahnte die Beklagte die Klägerin erfolglos ab, weil diese Quads und All Terrain Vehicles unter der Bezeichnung "Racing Raptor" vertrieb und damit die Rechte der Beklagten an der Marke "Raptor" verletzte. Sie erwirkte eine einstweilige Verfügung des LG Düsseldorf vom 8.7.2009 (Az. 34 O 57/09), mit der ein Streitwert von 50.000 EUR festgesetzt wurde (vgl. Fotokopie der Beschlussverfügung Bl. 77 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 27.7.2009 erkannte die Klägerin diese einstweilige Verfügung als endgültige und rechtsverbindliche Regelung an.

Am 22.6.2009 verwendete die Beklagte auf ihrer Internetseite www.speedpro.de eine doppelte Belehrung über das Widerrufsrecht (vgl. Anlage 3 zur Klageschrift Bl. 27 d.A.). Die Klägerin ließ die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.6.2009 (vgl. Anlage 1 zur Klageschrift Bl. 8 ff. d.A.) abmahnen. In der Abmahnung rügte die Antragstellerin eine unrichtige Belehrung über den Fristbeginn und die Verwendung unterschiedlicher Widerrufsbelehrungen. Außerdem wurde beanstandet, dass im Rahmen der Widerrufsfolgen erklärt wurde: "Der Verbraucher hat zur Rücksendung ein Versandunternehmen mit einer freien Standard-Sendung zu beauftragen." An anderer Stelle hieß es in der Belehrung der Beklagten: "Unfreie Pakete werden nicht angenommen." Am 8.7.2009 gab die Beklagte ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (vgl. Anlage 4 zur Klageschrift Bl. 31 ff. d.A.). Sie verpflichtete sich entsprechend der vorformulierten Erklärung es zu unterlassen, bei Fernabsatzverträgen mit privaten Endverbrauchern nicht gesetzeskonform über das Widerrufs- und Rückgaberecht, Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung sowie die Widerrufsfolgen zu belehren. Die Klägerin nahm die Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 8.7.2009 an (vgl. Anlage 5 zur Klageschrift Bl. 32 d.A.).

Die Beklagte hatte sich allerdings schon zuvor, nämlich am 19.6.2009 auf eine Abmahnung der N GmbH vom 12.6.2009 (vgl. Fotokopie der Abmahnung Bl. 85 ff. d.A.) in Bezug auf die beiden beanstandeten Passagen zur Erschwerung der Rücksendung und die Verwendung unterschiedlicher Widerrufsbelehrungen strafbewehrt unterworfen (vgl. Fotokopie der Unterlassungserklärung Bl. 87 d.A.).

Am 14.7.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte erneut ab, weil deren Widerrufsbelehrung immer noch nicht gesetzeskonform sei (vgl. Anlage 7 zur Klageschrift Bl. 36 ff. d.A.). Sie beanstandete die Formulierung: "Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform.", die Angabe der Telefonnummer im Rahmen der Angaben, an wen der Widerruf zu richten sei, sowie die Formulierung: "Der Verbraucher hat zur Rücksendung ein Versandunternehmen einer Standard-Sendung zu beauftragen." Gleichzeitig machte sie wegen des darin zu sehenden Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung und des erheblichen gewerblichen Handelns der Beklagten eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.100 EUR geltend. Durch Beschluss des LG Bochum vom 30.7.2009 wurde der Beklagten das nunmehr beanstandete Verhalten untersagt (vgl. Anlage 8 zur Klageschrift Bl. 40 ff. d.A.). Der Streitwert wurde vom LG auf 15.000 EUR festgesetzt. Die Beklagte gab am 11.8.2009 eine Abschlusserklärung ab (vgl. Anlage 9 zur Klageschrift Bl. 41 d.A.).

Die Beklagte ließ ihrerseits die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 28.7.2009 wegen verschiedener wettbewerbsrechtlicher Verstöße auch im Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung abmahnen (vgl. Fotokopie Bl. 100 ff. d.A.). Daraufhin gab die Klägerin am 3.8.2009 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (vgl. Fotokopie Bl. 107 d.A.). Die Beklagte nahm diese Erklärung mit Schreiben vom 11.8.2009 an. Vorher, nämlich am 16.7.2009, hatte die Beklagte eine entsprechende Abmahnung an den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin gesandt (vgl. Fotokopie Bl. 88 ff. d.A.). Dieser erklärte daraufhin, dass er zur Entgegennahme einer etwaigen Abmahnung nicht bevollmächtigt sei. Gleichwohl gab er in diesem Schreiben für die Klägerin eine entsprechende Unterlassungserklärung ab (vgl. Fotokopie des Schreibens vom 27.7.2009 Bl. 98 ff. d.A.).

Mit der Klage hat die Klägerin zunächst die E...

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