Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 108 O 15/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.09.2017 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Münster (Az.: 108 O 15/16) teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 30.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, und zwar die Beklagten zu 1), 2) und 4) seit dem 13.04.2016 und der Beklagte zu 3) seit dem 29.04.2016.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als Gesamtschuldner alle weiteren materiellen Schäden der Vergangenheit und Zukunft sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Zukunftsschäden aus dem rechtswidrigen Eingriff vom 20.05.2015 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen und / oder übergegangen sind.
Die Beklagten werden verurteilt, die Klägerin von den nach dem RVG nicht konsumierten Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts H i.H.v. 2.259,51 EUR freizustellen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz aus einer ihres Erachtens fehlerhaften und rechtswidrigen Behandlung einer Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis stenosans) an der rechten Hand im Zeitraum vom 23.02. bis zum 06.07.2015, insbesondere aus einer am 20.05.2015 erfolgten Operation in Anspruch.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 186ff d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klägerin sowie die Beklagten zu 2) und 4) persönlich angehört und Beweis erhoben durch die Einholung ein schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. F nebst mündlicher Erläuterung.
Auf dieser Grundlage hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Behandlungsfehler nicht feststellbar seien.
Die Operation vom 20.05.2015 sei insbesondere auch indiziert gewesen. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen habe sich die Indikation unter Berücksichtigung der Vorgeschichte ergeben, wonach die Schmerzen bereits seit November 2014 bestanden und im Februar 2015 eine Ruhigstellung mittels Handgelenksbandage vorgenommen worden sei, sowie dem positiven Finkelsteintest. Davon, dass dieser Test mit positivem Ergebnis durchgeführt worden sei, sei die Kammer überzeugt. Darüber hinaus habe es zum Zeitpunkt der Operation auch keine Alternativen mehr gegeben, die eine dauerhafte Schmerzfreiheit versprochen hätten. Die Klägerin habe vor der Operation zweimal eine Injektion mit Cortison und lokalen Anästhetika erhalten, was unstreitig nur kurzfristig Erfolg gezeigt habe. Darüber hinaus sei jedenfalls drei Wochen eine Ruhigstellung mittels einer Handgelenksbandage erfolgt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass eine Operation zur Zeit der entsprechenden Empfehlung am 17.03.2015 noch nicht indiziert gewesen wäre, sei dies - so das Landgericht - jedenfalls zur Zeit der Durchführung am 20.05.2015 aufgrund der zwischenzeitlich durchgeführten erfolglosen Kortisoninjektionen der Fall gewesen.
Eine unzureichende Befunderhebung vor der Operation sei - so das Landgericht - ebenfalls nicht feststellbar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen seien die Einsicht in die CT- und Röntgenaufnahmen sowie die Durchführung des Finkelstein-Tests insoweit ausreichend gewesen.
Fehler bei der Durchführung des Eingriffs ließen sich - so das Landgericht - auch nicht feststellen. Entgegen der Annahme der Klägerin griffen insoweit keine Beweiserleichterungen zu ihren Gunsten wegen Dokumentationsversäumnissen ein, weil der Ablauf der Operation in dem Arztbrief vom 20.05.2015 hinreichend dokumentiert sei. Zudem sei die von der Klägerin beanstandete Lagerung nicht dokumentationspflichtig, weil diese uneingeschränkt üblich gewesen sei. Bezüglich etwaiger Nervverletzungen habe der Sachverständige ausgeführt, dass der Nerv ausweislich des OP-Berichts sicher geschont worden sei. Eine unvollständige Spaltung des Strecksehnenfachs sei ebenfalls nicht feststellbar. Insbesondere sei diese auch aus dem Operationsbericht der Revision vom 11.08.2015 nicht erkennbar. Die dort genannte Vernarbung sei schicksalhaft und lasse nicht den Rückschluss auf eine unvollständige Spaltung zu. Soweit der Beklagte zu 4) selbst im Krankenblatt vom 03.07.2015 klinisch eindeutige Zeichen für eine nicht vollständige Spaltung dokumentiert habe, ergebe dies keine andere Bewertung. Insowe...