Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Schadensersatzanspruch des geschädigten Autofahrers nach einem von ihm provozierten Unfall
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 2.10.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Entscheidung des LG greift der Kläger mit seiner Berufung an, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgt. Er macht geltend, das LG habe widersprüchliche Feststellungen getroffen, die die Klageabweisung nicht rechtfertigten. Es habe nicht erkennen lassen, ob es nun von einer Rotlicht oder von einer Grünlicht zeigenden Ampel ausgegangen sei. Daraus, dass der Kläger vor einer Rotlicht zeigenden Ampel gebremst habe, könne ihm kein Vorwurf gemacht werden. Tatsächlich habe er gebremst, um den Radfahrer nicht zu gefährden. Das habe er auch schon am Unfallort zum Ausdruck gebracht. Er habe auch nicht heftig, sondern nur minimal gebremst.
Die Beklagten verteidigen das Urteil mit weiteren Ausführungen. Zu Recht habe das LG ein manipuliertes Unfallereignis festgestellt. Zudem sei die Klage abweisungsreif, da zwei Vorschäden an der Fahrzeugfront den Wiederbeschaffungswert beeinflussten und deren Umfang sowie deren Reparatur unklar geblieben seien.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz zu, insbesondere nicht gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG, 115 VVG. Wie das LG ist auch der Senat davon überzeugt, dass der Unfall für den Kläger nicht unfreiwillig war, sondern dass er diesen provoziert hat. Damit hat er in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt. Diese Einwilligung lässt die Rechtswidrigkeit der Eigentumsbeschädigung entfallen (vgl. BGH VersR 1978, 862).
Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Beweis für eine Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Fahrzeugs im Wege des Indizienbeweises erbracht.
Dieser Beweis einer Einwilligung des Klägers ist am Maßstab des § 286 ZPO zu messen. Es gelten weder die Grundsätze über den Anscheinsbeweis, noch reicht es aus, wenn der Versicherer nur die erhebliche Wahrscheinlichkeit eines manipulierten Verkehrsunfalls nachweist. Andererseits dürfen die Anforderungen an den in solchen Fällen regelmäßig anzutretenden Indizienbeweis nicht überspannt werden. Das Gericht darf und muss sich zur Überzeugungsbildung mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist nicht erforderlich (BGH NJW-RR 2007, 312; OLG Hamm VersR 2001, 1127). Eine solche Gewissheit ist bei einem möglicherweise provozierten Unfall nur im Wege des Indizienbeweises zu erlangen. Die gesammelten Hilfstatsachen müssen bei einer Gesamtwürdigung den Schluss auf die gesuchte Haupttatsache rechtfertigen. Die Indizien müssen entweder unstreitig oder bewiesen sein. Mutmaßungen reichen nicht aus (OLG Frankfurt v. 11.3.1999 - 1 U 216/97, juris).
Vom Vorliegen eines provozierten Unfalls durch den Kläger ist der Senat aufgrund der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der für eine und gegen eine Unfallmanipulation sprechenden Indizien überzeugt.
1. Bereits die Art des Unfalls und die anschließende Abrechnung der Schäden sprechen dabei für eine Unfallmanipulation in Form eines provozierten Verkehrsunfalls. Die Beklagte zu 1) ist hinten auf das Klägerfahrzeug aufgefahren. Es ist dem Senat aus zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen bekannt, dass solche Auffahrkonstellationen häufig für provozierte Unfälle gewählt werden, da sie gut beherrschbar und weitgehend ungefährlich sind. Die Frage der Haftung ist in solchen Konstellationen zumeist eindeutig, da eine Mitverursachung durch das vordere Fahrzeug selten in Betracht kommt und ein Anscheinsbeweis für die Alleinhaftung des Auffahrenden spricht.
Solche Auffahrunfälle führen regelmäßig zu hohen Sachschäden, die jedoch mit relativ geringem Aufwand reparabel sind. Dies macht derartige Unfallmanipulationen wirtschaftlich interessant. Die Abrechnung der Schäden erfolgt sodann typischerweise - so auch hier - auf fiktiver Reparaturkosten-Basis. Das vorprozessual eingeholte und der Klageforderung zugrunde gelegte Gutachten des Sachverständigen Y weist Reparaturkosten i.H.v. 9.447,04 EUR netto aus. Und der Kläger ist als gelernter Karosseriebauer und Lackierer in der Lage, die Schäden selbst in der Werkstatt, in der er angestellt ist, oder in der Werkstatt seines Cousins in Stand zu setzen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er bestätigt, die Schäden an seinem Fahrzeug ...