Leitsatz (amtlich)
§ 138 Abs. 2 InsO ist entsprechend anwendbar, wenn es sich bei den Geschäftsführern der Schuldnerin und ihres Vertragspartners um nahe stehende Personen (hier: Eheleute) handelt.
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 20.01.2005; Aktenzeichen 6 O 121/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung sowie der Berufung der Beklagten - das am 20.1.2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Hagen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 172.214,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 104.008,16 EUR seit dem 25.7.2002 sowie aus weiteren 68.206,34 EUR seit dem 3.12.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
(§ 540 ZPO):
A. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GmbH, deren Geschäftsführer R.E. war. Die Schuldnerin schloss mit der Beklagten, deren damalige Geschäftsführerin B E die Ehefrau des R.E. war, am 25.7.2000 einen Vertrag über die Anmietung von fünf Maschinen zum monatlichen Mietzins von 58.000 DM einschließlich Umsatzsteuer. Diese Maschinen, die zum Teil noch unter Eigentumsvorbehalt standen, hatte die Beklagte am selben Tag von der T. GmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls R.E. war, zum Preis von 1.606.600 DM erworben. Zur Ablösung der Eigentumsvorbehalte wendete die Beklagte nach ihrer Behauptung weitere 502.752,12 DM (= 39 × 12.891,08 DM) an Leasingraten für die T2 GmbH sowie 90.000 EUR (176.024,70 DM) als Abgeltungsbetrag im Rahmen eines Vergleiches mit der T3 AG auf. Über eine sechste Maschine schlossen die Schuldnerin und die Beklagte am 1.8.2000 einen weiteren Mietvertrag zum monatlichen Mietzins von 17.400 DM einschließlich Umsatzsteuer.
Zur Sicherung der Forderungen aus dem Mietvertrag trat die Schuldnerin der Beklagten am 30.11.2000 alle Ansprüche aus Warenlieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben G. bis T. ab.
Auf den Antrag der J. GmbH & Co. KG vom 23.2.2001 wurde am 6.3.2001 das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Die Beklagte zeigte den Drittschuldnern die Abtretung mit Schreiben vom 5.3.2001 an und zog anschließend umgerechnet 104.008,16 EUR bei den Drittschuldnern ein, die sie auf Mietansprüche ab März 2001 sowie vermeintliche Schadenersatzansprüche wegen Abnutzung der Maschinen und entgangenen Gewinns verrechnete. Am 20.4.2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Auskehrung der bei den Drittschuldnern eingezogenen Beträge, weil zum Zeitpunkt der Einziehung der Forderungen keine fälligen Ansprüche der Beklagten gegen die Schuldnerin bestanden hätten, mit denen die eingezogenen Beträge hätten aufgerechnet werden können. Ferner verlangt er die Rückerstattung der von der Schuldnerin geleisteten Mietzahlungen für die Monate Januar und Februar 2001 i.H.v. umgerechnet insgesamt 77.102,82 EUR aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung. Diese Mietzahlungen erfolgten am 18.12.2000 i.H.v. 17.400 DM, am 23.1.2001 i.H.v. 58.000 DM und am 26.1.2001 i.H.v. 75.400 DM.
Die Kläger hat sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 181.110,98 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 104.008,16 EUR seit dem 25.7.2002 sowie aus weiteren 77.102,82 EUR seit dem 3.12.2002 zu zahlen.
Das LG hat der Klage i.H.v. 26.905,34 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Wegen der dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit ihren wechselseitigen Berufungen verfolgen beide Parteien ihre erstinstanzlichen Begehren weiter. Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B. Von den zulässigen Berufungen ist diejenige des Klägers überwiegend begründet, diejenige der Beklagten unbegründet.
I. Die Beklagte hat dasjenige, was sie aus dem Mietvertrag vom 25.7.2000 erlangt hat, gem. § 143 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurück zu gewähren. Denn dieser Mietvertrag ist gem. § 133 Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es sich dabei um einen Vertrag zwischen nahestehenden Personen handelt, durch die die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
1. Ein Vertrag zwischen nahestehenden Personen i.S.d. § 133 Abs. 2 InsO liegt vor. Zwar ist die gesetzliche Definition einer "nahestehenden Person" nach dem Wortlaut des § 138 InsO nicht erfüllt. Denn weder ist die Schuldnerin eine natürliche Person (§ 138 Abs. 1 InsO) noch schloss sie als ...