Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt, Elementar- und Mehrbedarf

 

Leitsatz (amtlich)

Auch der Tabellenunterhalt nach der höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle deckt keinen zum Mindestunterhalt wesensverschiedenen Aufwand, sondern zielt auf eine Bedarfsdeckung auf höherem Niveau (Anschluss an BGH FamRZ 2009, 962).

Monatliche freiwillige Zusatzleistungen des Barunterhaltspflichtigen für Reit- und Klavierunterricht i.H.v. 305 EUR können nur teilweise als bedarfsdeckend im Hinblick auf den Elementarbedarf angesehen werden; überwiegend decken sie einen Mehrbedarf des Kindes.

 

Normenkette

BGB §§ 1610, 1612a

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Beschluss vom 21.10.2011)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 21.10.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum von Januar 2006 bis einschließlich Dezember 2011 einen rückständigen Unterhalt i.H.v. 11.294,92 EUR zu zahlen, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten

aus

993,96 EUR

seit dem 1.12.2006,

aus

1.048,80 EUR

seit dem 1.12.2007,

aus

1.438,32 EUR

seit dem 1.12.2008,

aus

830,64 EUR

seit dem 1.8.2009,

aus

3.110, 28 EUR

seit dem 1.12.2010

und aus

3.105,60 EUR

seit dem 1.12.2011.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 1.7.2012 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 160 % des Mindestunterhalts abzgl. hälftiges staatliches Kindergeld zzgl. einen monatlichen Krankenkassenbeitrag i.H.v. 247,68 EUR zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 01. Eines jeden Monats nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten ab jeweiliger Fälligkeit.

3. Der Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 1.01. bis 30.6.2012 Unterhalt i.H.v. 1.189,20 EUR an die Klägerin zu zahlen.

4. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 80 % und der Beklagte zu 20 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die Feststellungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Das AG hat der Klägerin, die in erster Instanz noch einen Gesamtbedarf von monatlich 2.173 EUR abzgl. erbrachter Zahlungen geltend gemacht hatte, lediglich Unterhalt auf Grundlage der 4. Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle zugesprochen. Mit ihrer Berufung erstrebt die Klägerin nur noch die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Unterhaltsbeträge im Rahmen der jeweils höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle; darüber hinaus macht sie Krankenvorsorgeunterhalt geltend. Dabei hat sie bis Ende 2011 erbrachte Leistungen des Beklagten in Abzug gebracht. Unstreitig hat der Beklagte seit Januar bis Juni 2012 zum einen monatlich 579,48 EUR gezahlt, von denen 247,68 EUR auf den Krankenkassenbeitrag zu verrechnen sind. Zudem hat er monatlich 305 EUR für den Reit- und Klavierunterricht der Klägerin gezahlt.

Der Beklagte hat die unter I) 1. und 2. tenorierten Unterhaltsbeträge anerkannt; Streit besteht nur darum, inwieweit die Zahlungen für den Reit- und Klavierunterricht den von der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2012 geltend gemachten Kindesunterhaltsanspruch ebenfalls zum Erlöschen gebracht haben.

II.1. Anwendbar ist auf das Verfahren nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das alte Verfahrensrecht. Das AG hat zwar nach neuem Verfahrensrecht durch Beschluss entschieden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist aber nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz zulässig; das Verfahren ist sodann in der zulässigen Form weiter zu führen (vgl. BGH FamRZ 2012, 783ff, Tz. 12 f.).

2. Die Berufung ist weitgehend begründet. Streitig zu entscheiden ist nur über die Unterhaltsrückstände für die Zeit von Januar bis Juni 2012. Im Übrigen beruht das Urteil auf dem Anerkenntnis des Beklagten (§ 307 ZPO).

a) In der Zeit von Januar bis Juni 2012 schuldete der Beklagte der Klägerin - insoweit ebenfalls unstreitig - 160 % des Mindestunterhalts abzgl. des hälftigen Kindergeldes, also 590 EUR. Hinzu kam der Krankenversicherungsbeitrag in unstreitiger Höhe von 247,68 EUR. Insgesamt schuldete der Beklagte der Klägerin also Unterhalt i.H.v. 837,68 EUR. Geleistet hat er hierauf unstreitig monatlich 579,48 EUR, so dass - bei vorrangiger Verrechnung auf den Krankenversicherungsbeitrag - noch ein Tabellenunterhalt von monatlich 258,20 EUR offen geblieben ist.

b) Im Streit ist allein, ob die zusätzlich erbrachten Zahlungen des Beklagten i.H.v. 305 EUR für den Reit- und Klavierunterricht der Klägerin deren Bedarf ganz oder teilweise gedeckt haben. Weil die Zweckbestimmung der gezahlten Beträge klar ist, ist für diese Frage entscheidend, ob in dem Tabellenunterhalt nach der 10. Einkommensstufe Anteile für Reit- und Klavierunterricht enthalten sind, und wenn ja, in welcher Höhe.

aa) Für die Frage, ob in dem Tabellenunterhaltsbetrag nach der 10. Einkommensstufe Anteile für Reit- und Klavierunterricht enthalten sind, ist entscheidend, ob es sich bei Reit- und Klavierunterricht um Teile des Elementarbedarfs nach der 10. Einkommensstufe handelt, ode...

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