Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 8 O 181/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. April 2019 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer seit 1993 bestehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Anspruch. Der Vertrag, dem die "Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (Anl. K1, Anlagenband, im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde liegen, sah zuletzt die Zahlung einer Rente von 1.903,50 EUR pro Vierteljahr vor, die monatliche Prämie betrug 54,91 EUR.
Die Klägerin war ab dem Jahr 2001 als selbstständige Schauwerbegestalterin tätig, ab November 2008 dann zusätzlich als angestellte Merchandiserin sowie nebenbei als Bürokraft. Die genaue Ausgestaltung dieser beruflichen Tätigkeiten ist zwischen den Parteien streitig. Im Dezember 2009 wurde die Tochter der Klägerin geboren, woran sich ein Erziehungsurlaub der Klägerin anschloss. Während dieses Erziehungsurlaubs musste die Klägerin wegen einer von ihr als Schlaganfall bezeichneten cerebralen Ischämie behandelt werden. Nach dem Ende des Erziehungsurlaubs versuchte sie, in ihrem Beruf als Merchandiserin weiter zu arbeiten, beendete diesen aber Anfang 2012.
Am 00.06.2013 stürzte die Klägerin beim Inline-Skaten auf das rechte Handgelenk und erlitt einen Speichenbruch.
Die Klägerin hat Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung seit Februar 2012, hilfsweise seit Juni 2013 begehrt. Sie hat behauptet, sie habe ihre beruflichen Tätigkeiten schon seit Februar 2012 nicht mehr ausüben können. Grund sei eine depressive Verarbeitungsstörung nach dem "Schlaganfall", die mit Herzrasen, Kopfschmerzen, Luftnot, Schwindel und anderem einhergehe. Ferner leide sie an einer Niereninsuffizienz, die zu Übelkeit, Bluthochdruck, Müdigkeit und anderem führe. Spätestens seit dem Sturz im Juni 2013 sei sie wegen der noch dazu tretenden motorischen Einschränkungen endgültig nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben.
Das Landgericht hat die Klage nach Einholung dreier Sachverständigengutachten (neurologisch, nephrologisch und orthopädisch) sowie mündlicher Anhörung aller Sachverständiger abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen sei, dass die Klägerin in Folge krankheitsbedingter Beeinträchtigungen nicht mehr zu mindestens 50 % in der Lage sei, ihren Beruf auszuüben. Der orthopädische Sachverständige habe überzeugend festgestellt, dass der Klägerin die Erbringung ihrer Arbeitstätigkeit noch für 6 Stunden täglich zumutbar sei. Auch der nephrologische Sachverständige habe festgestellt, dass die Klägerin noch zu mindestens 70 % in der Lage sei, ihren Beruf auszuüben. Der neurologische Sachverständige habe zwar eine Neurasthenie festgestellt, die aber die berufliche Tätigkeit der Klägerin nicht beeinträchtige. Auch in einer Gesamtschau ergebe sich daraus keine Berufsunfähigkeit.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (Bl. 714 ff. der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden: eGA-I).
Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, für ihren Beruf prägende Tätigkeiten auszuüben. Nach dem orthopädischen Sachverständigengutachten stehe fest, dass der Klägerin auch eine zeitweilige Belastung von mehr als 5 Kilogramm nicht zumutbar sei. Jedenfalls in einer Zusammenschau mit dem internistischen (nephrologischen) Gutachten ergebe sich ihre Berufsunfähigkeit.
Ursprünglich hat die Klägerin beantragt, die Beklagte in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 69.516,64 EUR nebst Zinsen - hilfsweise 57.221,03 EUR - und zur weiteren Zahlung von vierteljährlich 1.903,50 EUR ab dem 01.07.2019 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte zur Freistellung der Klägerin von der Beitragszahlungspflicht verpflichtet ist (Bl. 15 der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II). Mit dem Hilfsantrag hat sie eine Rente ab Juli 2013 mit der Begründung geltend gemacht, dass Berufsunfähigkeit jedenfalls seit ihrem Sturz im Juni 2013 eingetreten sei. Auf Hinweis des Senats hat die Klägerin die Klage geändert und teilweise zurückgenommen. Sie macht mit dem Antrag zu 1) noch die Zahlung der vierteljährlichen Rente von 1.903,50 EUR von Februar 2012 bis einschließlich des vierten Quartals 2019, Rückzahlung geleisteter Prämien für die Zeit von Februar 2012 bis einschließlich November 2019 ...