Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Werkunternehmerpfandrecht, sondern nur Zurückbehaltungsrecht bei Reparatur eines Leasingfahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Reparatur eines Leasingfahrzeuges erwirbt der Unternehmer zur Sicherung seiner Werklohnforderung in der Regel kein Werkunternehmerpfandrecht. Bis zur Bezahlung seiner Werklohnforderung kann er aber dem werkvertraglich begründeten Herausgabeanspruch des Auftraggebers (und Leasingnehmers) ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten.
2. Vereinbaren die Parteien bei der Erteilung eines Reparaturauftrages, dass der Auftraggeber diesen nur dann zu bezahlen hat, wenn kein auf Kosten des Fahrzeugherstellers zu beseitigender Garantiefall vorliegt, ist die Zahlungspflicht des Auftraggebers durch die Ablehnung der Kostenübernahme seitens des Herstellers aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 BGB).
3. Den Auftraggeber trifft auch bei der Ablehnung der Kostenübernahme durch den Hersteller keine Zahlungspflicht, wenn der Unternehmer durch sein vertragswidriges Verhalten die Ablehnung wider Treu und Glauben herbeigeführt hat (§ 162 Abs. 2 BGB).
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 30.06.2003; Aktenzeichen 3 O 102/02) |
Tenor
Auf die Berufungen der Parteien wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel das am 30.6.2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zur Herausgabe des im Eigentum der Fa. R. stehenden Leasingfahrzeugs, Pkw Ford Windstar, Farbe hellblau metallic, Fahrzeug-Ident.-Nr.: ..., amtl. Kennzeichen ..., an die Klägerin verpflichtet war, jedoch nur Zug um Zug gegen die Bezahlung der Rechnung der Beklagten vom 10.1.2002 Nr. 891374 über 219,47 Euro.
Die weiter gehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2 % und die Beklagte zu 98 %. Die Kosten der Streithelferin der Beklagten hat die Klägerin zu 2 % zu tragen, im Übrigen werden sie nicht erstattet.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen
Gründe
A. Von einer Sachverhaltsdarstellung wird gem. §§540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
B. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die Berufung der Beklagten ist demgegenüber weitgehend unbegründet.
Die Klage ist hinsichtlich des von der Klägerin nunmehr gestellten Feststellungsantrages zulässig und mit der Einschränkung begründet, dass die Beklagte zur Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs Zug um Zug gegen die Bezahlung der Rechnung der Beklagten Nr. ... vom 10.1.2002 über 219,47 Euro verpflichtet war.
Die Widerklage ist unbegründet, da die Klägerin die Reparaturkostenrechnung der Beklagten Nr. ... vom 12.7.2000 über 12.532,73 DM (6.407,88 Euro) nicht zu bezahlen hat.
Im Einzelnen:
I. Die Klage ist mit dem von der Klägerin im Senatstermin gestellten Feststellungsantrag zulässig. Der Feststellungsantrag trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die Beklagte nach dem Vollzug der von der Klägerin erwirkten einstweiligen Verfügung nicht mehr im Besitz des Fahrzeuges befindet. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, da die Beklagte ihre Herausgabeverpflichtung nach wie vor bestreitet und das einstweilige Verfügungsverfahren nur eine vorläufige Regelung darstellt.
Die Beklagte war im Januar des Jahres 2002 verpflichtet, das ihr zur Reparatur überlassene Fahrzeug an die Klägerin herauszugeben, jedoch nur Zug um Zug gegen die Bezahlung ihrer Rechnung vom 10.1.2002 über 219,47 Euro.
1. Der Herausgabeanspruch der Klägerin ergab sich aus § 631 Abs. 1 BGB. Als Bestellerin des der Reparatur zugrunde liegenden Werkvertrages konnte die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe des reparierten Fahrzeugs verlangen.
2. Der Beklagten stand aufgrund der von ihr durchgeführten Reparaturarbeiten kein Werkunternehmerpfandrecht zu, aufgrund dessen sie die Herausgabe des Fahrzeugs hätte verweigern können.
Das Fahrzeug unterlag keinem gesetzlichen Pfandrecht der Beklagten aus § 647 BGB, weil es als Leasingfahrzeug nicht im Eigentum der Klägerin stand und nicht ersichtlich ist, dass die Leasinggeberin in die von der Klägerin bei der Beklagten in Auftrag gegebenen Reparaturarbeiten eingewilligt hatte.
Ein vertragliches Pfandrecht gem. § 1205 BGB konnten die Parteien nicht begründen, weil die Klägerin nicht Eigentümerin des Fahrzeugs war und eine Ermächtigung (§ 185 BGB) der Leasinggeberin zur Verpfändung der Sache durch die Klägerin ebenfalls nicht ersichtlich ist.
Die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Pfandrechtserwerb der Beklagten gem. § 1207 BGB liegen bereits deswegen nicht vor, weil die Beklagte bösgläubig war (§ 932 Abs. 2 BGB). Sie wusste, dass es sich um ein Leasingfahrzeug handelte, das der Klägerin nicht gehörte. Den Abschluss des Leasingvertrages hatte ihre Niederlassung in R. selbst vermittelt.
3. Dem Herausgabeanspruch der Klägerin konnte die Beklagte gem. § 320 BGB ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten, das sich aus der mit Auftrag vom 8.1.2002 begründeten...