Leitsatz (amtlich)
Die Weiterleitung von Insolvenzgeldanträgen von Arbeitnehmern des Schuldners gehört nicht zum Pflichtenkreis eines Insolvenzverwalters. Übernimmt der in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt angeschriebene Verwalter diese Aufgabe unentgeltlich und aus Gefälligkeit, so handelt er nicht für die Masse.
Normenkette
InsO § 60
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 6 O 126/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 14.6.2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Hagen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger war angestellter Geschäftsführer der Fa. L GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des AG Arnsberg vom 31.10.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte erklärte dem Kläger daraufhin die ordentliche Kündigung des "Arbeitsverhältnisses" zum 31.12.2003.
Mit Schreiben vom 19.11.2003 übersandte der Kläger dem Beklagten "mit der Bitte um Bearbeitung" ein vollständig ausgefülltes und unterschriebenes Formular der Bundesanstalt für Arbeit zur Beantragung von Insolvenzgeld. Im Dezember 2003 erkundigte sich ein weiterer Arbeitnehmer der Schuldnerin, Herr G, mehrfach bei der Mitarbeiterin des Beklagten L2 nach dem Sachstand bezüglich der übersandten Insolvenzanträge und erfuhr von ihr, dass Schwierigkeiten bestünden, das zuständige Arbeitsamt zu bestimmen. Das Arbeitsamt Meschede wies den erst im Januar 2004 durch die Mitarbeiterin des Beklagten übersandten Antrag des Klägers als verspätet zurück, weil er nicht innerhalb der bis zum 31.12.2003 laufenden Frist des § 324 Abs. 3 SGB III eingegangen sei. Ein dagegen gerichteter Widerspruch blieb genauso erfolglos wie die sozialrechtliche Klage vor dem Sozialgericht Dortmund und in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen.
Der Kläger begehrt im Wege des Regresses vom Beklagten als Insolvenzverwalter Ersatz des Insolvenzgeldes, das ihm bei fristgerechter Antragstellung für drei Monate in Höhe der Klageforderung (5.534,92 EUR) zugestanden hätte, sowie Ersatz nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Anwaltskosten. Er hat dazu die Auffassung vertreten, dass der Beklagte dadurch, dass er den Antrag auf Insolvenzgeld entgegen genommen und ihm gegenüber nicht zu erkennen gegeben habe, dass er sich um die Angelegenheit nicht kümmern würde, aus Rechtscheinsgesichtspunkten hafte.
Der Beklagte hat die Rechtsauffassung vertreten, dass zwischen ihm und dem Kläger kein Vertragsverhältnis zustande gekommen sei.
Die 6. Zivilkammer des LG Hagen hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Beklagte habe ggü. dem Kläger den Rechtsschein gesetzt, dass er sich um die fristgemäße Weiterleitung des Antrages kümmern werde. Daher sei zwischen den Parteien ein auftragähnliches Rechtsverhältnis entstanden. Der Beklagte habe durch seine Mitarbeiterin Frau L2, deren Verhalten er sich gem. § 278 BGB zurechnen lassen müsse, konkludent zu erkennen gegeben, dass er die Weiterleitung des Antrags übernehme.
Der Beklagte verfolgt seinen Klageabweisungsantrag mit der Berufung weiter. Er vertritt die Auffassung, dass ihm gegenüber nur die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten Schadensersatzansprüche auslösen könnten. Die Beantragung von Insolvenzgeld sei jedoch höchstpersönliche Pflicht des Arbeitnehmers.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, dass bereits der vom Gesetz geforderte konkrete Angriff auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe nicht gegeben sei, weil nicht erkennbar sei, aus welchen Gründen die tragenden Erwägungen des LG, das sich nicht auf die Tätigkeit des Beklagten als Insolvenzverwalter gestützt habe, rechtsfehlerhaft sein sollten. Der Beklagte verkenne, dass ihn außerhalb des § 60 InsO sehr wohl eine weitergehende Haftung aufgrund des gesetzten Rechtsscheins treffe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es nicht an einer ausreichend konkreten Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit ergeben soll (§ 520 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Berufungsbegründung muss lediglich auf den Streitfall zugeschnitten sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dazu genügt regelmäßig die Darlegung einer Rechtsansicht, die dem Berufungskläger zufolge zu einem anderen Ergebnis führt. Eine Schlüssigkeit oder auch nur Vertretbarkeit der Begründung ist nicht erforderlich (vgl. BGH NJW 2006, 142, 143; 1999, 3126; 2003, 2532, 2533; 2003, 3345). Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung, die den Rechtsausführungen des LG mit Sachargumenten entgegen tritt, ohne weiteres.
2. In der Sache kann die Klage keinen Erfolg h...