Leitsatz (amtlich)
Werden in der Transportversicherung Transporte von Tieren in fremdem Eigentum einzelvertraglich als versichert bezeichnet, kommt ein Regress des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer regelmäßig nicht in Betracht.
Normenkette
VVG § 67
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 O 195/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.8.2002 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, der ein Transportunternehmen für lebendes Schlachtvieh betreibt, nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer Transportversicherung in Anspruch. Am 2.12.2001 verunfallte ein mit Rindern beladener Lkw des Klägers auf der Bundesautobahn. Mehrere Rinder wurden getötet, andere verletzt und mussten notgeschlachtet werden; wieder andere Rinder entliefen.
Der Kläger, dessen Schaden noch nicht abschließend festzustellen war, hat erstinstanzlich beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen Schaden aus dem Unfall vom 2.12.2001 mit dem Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen … und dem Lkw-Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen … im Rahmen des Versicherungsschutzes aus der Transportmittelversicherung, Vertrag Nr …, zu ersetzen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das am 28.8.2002 verkündete Urteil des LG Bezug genommen.
Das LG hat unter Abweisung der weiter gehenden Feststellungsklage festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Wert der getöteten bzw. verletzten Rinder sowie etwaige Kosten der Schadenfeststellung durch Dritte aus dem Unfall vom 2.12.2001 mit dem Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen … und dem Hänger mit dem amtlichen Kennzeichen … im Rahmen des Versicherungsschutzes aus der Transportversicherung, Vertrag mit der Nr. …, zu ersetzen.
Auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils wird verwiesen.
Die Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an und verfolgt das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage.
Sie macht geltend, der Kläger habe keine Verkehrshaftungsversicherung, wie sie nach § 7a GüKG erforderlich sei, abgeschlossen, sondern eine reine Transportversicherung nach §§ 129 ff. VVG. Er habe eine gewerbliche Beförderung der im Eigentum eines Dritten stehenden Rinder durchgeführt und sei nunmehr den Haftpflichtansprüchen seines Auftraggebers gem. § 425 HGB ausgesetzt. Dieses Haftpflichtinteresse des Klägers sei jedoch nicht Gegenstand der abgeschlossenen Transportversicherung.
Zwar sei Gegenstand der Versicherung der Transport von Rindern etc. sowohl in eigenem als auch in fremdem Eigentum; jedoch sei diese Regelung auf der Grundlage der vereinbarten Bestimmung für die laufende Versicherung zu sehen, die in Ziff. 2.1.1 regele, dass der Versicherungsschutz sich nur auf Güter beziehe, die vom Versicherungsnehmer nach kaufmännischen Gesichtspunkten für fremde Rechnung zu versichern seien. Diese Voraussetzung habe das LG zu Unrecht bejaht; der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, fremdes Eigentum zu versichern, und ohne eine solche Verpflichtung fehle das erforderliche kaufmännische Interesse. Der Versicherungsvertrag sei nach § 133 BGB dahin gehend auszulegen, dass die Transportversicherung lediglich das alleinige Sachinteresse der Klägers abdecke, nicht jedoch die Haftpflicht der am Transport Beteiligten. Das folge schon daraus, dass die streitgegenständliche Versicherung nicht den Anforderungen an die gesetzlich vorgeschriebene Güterhaftpflichtversicherung entspreche.
Schließlich, so die Beklagte, sei die Klage auch deshalb abzuweisen, weil im Falle der Entschädigung die Ansprüche der Eigentümer der Rinder gegen den Kläger aus § 425 HGB auf sie übergehen würden (§ 67 Abs. 1 VVG), so dass sie den Kläger in Regress nehmen könne; der Klageforderung stehe daher die „dolo-petit-Einrede” entgegen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger den Wert der getöteten und verletzten Rinder zu erstatten.
1. Der Versicherungsschein definiert das versicherte Interesse wie folgt:
Transporte von Rindern, Kühen und Schweinen in eigenem und fremdem Eigentum mit den im Versicherungsschein genannten Fahrzeugen innerhalb der BRD …
Fahrzeugliste:
Lkw … (amtl. Kennzeichen)
Anhänger … (amtl. Kennzeichen)
Das LG hat zu Recht bejaht, dass der Unfall vom 2.12.2001 auf der Autobahn BAB 4 unter das versicherte Interesse fällt, so dass die Beklagte das Sachinteresse des Klägers zu ersetzen hat. Der Unfall ereignete sich mit einem Lkw nebst Hänger, die beide in der Fahrzeugliste des Versicherungsscheins vermerkt sind. Zu Schaden kamen Rinder, die im Eigentum der R. standen. Es handelte sich um einen Unfall des Transportmittels: Der gesamte Zug, bestehend aus Lkw und Hä...