Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 3 O 8/18) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 28. September 2018 (3 O 8/18) unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.509,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2018, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs X mit der Fahrgestellnummer Y, sowie weitere 958,19 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2018 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des zuvor genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin 46 % und die Beklagte 54 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des jeweils anderen Teils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen, für die Klägerin jedoch nur wegen des von ihr geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von Zinsen auf den Kaufpreis
Gründe
I. Die Klägerin verlangt aufgrund des sogenannten "Dieselskandals" von der beklagten Herstellerin des Motors eines von ihr gekauften Pkws Schadensersatz in Form der Erstattung des vollen Kaufpreises für ihr Fahrzeug nebst Zinsen - nach Erweiterung der Klage in zweiter Instanz ab Kaufpreiszahlung - sowie die Feststellung des Annahmeverzugs und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen.
Die Klägerin erwarb am 6. Januar 2012 bei der Z GmbH & Co. KG, einer Vertragshändlern der Beklagten, einen gebrauchten X mit 103 kW (EU5) mit einem Kilometerstand von 23.000 km zu einem Kaufpreis von 22.700,00 EUR (Rechnung Anlage K 1, Anlagenband).
Die Beklagte hatte den in dem Auto verbauten Dieselmotor mit 2,0 Litern Hubraum und der herstellerinternen Typenbezeichnung EA 189 entwickelt, produziert und in dem von ihr hergestellten Fahrzeug verbaut. Der Motor wurde ursprünglich von einer Software gesteuert, die über zwei verschiedene Betriebsmodi verfügt. Einer der Betriebsmodi (Modus 1) erkannte den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand und reduzierte den Stickoxidausstoß so, dass er jedenfalls in diesem Betriebsmodus die für die Typzulassung des Fahrzeugs erforderlichen Grenzwerte einhielt. Im normalen Fahrbetrieb schaltete das Fahrzeug jedoch - was den Zulassungsbehörden bei der Erteilung der Typgenehmigung nicht bekannt war - in einen anderen Modus (Modus 0). In diesem Modus stößt das Fahrzeug deutlich mehr Stickoxide als im anderen Modus aus.
Durch Bescheid vom 15. Oktober 2015 gab das Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: KBA) der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeugs auf, diese vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Zulassungsvorschriften eingestufte Software zu entfernen und dies zu belegen.
Das KBA gab mit Bestätigung vom 3. Juni 2016 (Anlage B 7, GA 98) die von der Beklagten daraufhin entwickelte technische Maßnahme (Softwareupdate) frei und bestätigte, dass diese geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge des betreffenden Typs herzustellen.
Das Softwareupdate wurde bei dem Fahrzeug der Klägerin am 6. Juli 2016 durchgeführt.
Die Klägerin ließ die Beklagte mit vorprozessualem anwaltlichen Schreiben vom 25. September 2017, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Anlage K 10; Anlagenband), unter Fristsetzung bis zum 9. Oktober 2017 auffordern, den vollen Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zu erstatten und bot das Fahrzeug gegen Zahlung dieses Betrages zur Abholung an.
Der Kilometerstand betrug bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht 145.464 km und beträgt im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat 171.758 km.
Die Klägerin hat behauptet, die Entwicklungsabteilung der Beklagten habe die Entscheidung über den Einbau der "Umschaltlogik" mit Kenntnis des Vorstandes getroffen. Derartige Angelegenheiten seien stets Chefsache. Die Beklagte habe gewusst, dass es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Die Klägerin habe sich aufgrund der Täuschung durch die Beklagte über die Gesetzmäßigkeit des Fahrzeugs geirrt. Dieser Irrtum sei für die Kaufentscheidung kausal geworden. Gerade die Werbung der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen mit der besonderen Umweltfreundlichkeit seien für die Klägerin ein besonders schlagendes Kaufargument gewesen. Auch nach dem Update würden die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten, das Fahrzeug verbrauche mehr und es seien Langzeitschäden zu befürchten. Wegen der Manipulation sei es zu einem Wertverlust gekommen. Sie ist der Auffassung gegen die Bekl...