Normenkette
LMBG § 17; UWG § 3
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 41 O 177/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.2.2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Essen abgeändert.
Der Beklagten wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel … mit dem Hinweis auf dessen fettreduzierende Wirkung, insb. zu werben:
1.1 „Fettabbau”
1.2 „So kriegen Sie Ihr Fett weg”.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die Beklagte irreführend ein Lebensmittel mit dessen fettreduzierender Wirkung beworben und damit gegen § 6 Abs. 1 NährwertkennzeichnungsVO und gegen § 17 Abs. 1 Nr. 5 a LMBG verstoßen hat.
1. Der Klageantrag ist nicht zu beanstanden. Das Verbot hat die konkrete Verletzungshandlung zum Gegenstand, die im Hinblick auf denkbare kerngleiche Verstöße in zulässiger Weise abstrahiert wird. Die beanstandeten Aussagen sind als Überschriften für das beworbene Produkt gewählt worden und deshalb nicht aus dem Zusammenhang des Werbeblattes gerissen.
2. Die Aktivlegitimation des Klägers wird zu Recht nicht mehr in Frage gestellt.
3. Dem Kläger steht im Hinblick auf die beanstandete Werbeaussage ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG i.V.m. einem Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nährwert-KennzeichnungsVO gegen die Beklagte zu.
a) Die beanstandete Werbung der Beklagten stellt einen Verstoß gegen das in § 6 Abs. 1 dieser Vorschrift enthaltene Verbot der so genannten Schlankheitswerbung dar. Ihr Faltprospekt enthält eine Werbung für Lebensmittel, zu denen auch die von der Beklagten angebotenen Nahrungsergänzungsmittel gehören. Die Werbung für das Mittel … verwendet mit „Fettabbau” und „So kriegen Sie Ihr Fett weg” Angaben, die darauf hindeuten, dass es schlank machende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt. Da damit jede unmittelbare und mittelbare Aussage zur Schlankheitsförderung erfasst wird (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. 2, C 22, § 6 Rz. 13), ist ein Hindeuten im Sinne der Vorschrift hier in jedem Fall gegeben.
b) Jedenfalls im vorliegenden Fall verstößt das Werbeverbot in § 6 Abs. 1 Nährwert-KennzeichnungsVO nicht gegen EU-Recht, insb. nicht gegen die Richtlinie 2000/13/EG vom 20.3.2000. Diese fußt auf der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18.12.1978 und enthält in Art. 2 Nr. (1) a ein Werbeverbot für irreführende Werbung und unter ii) insb. ein Verbot von Angaben und Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt. § 6 Nährwert-KennzeichnungsVO enthält als spezialgesetzliche Regelung einen abstrakten Irreführungstatbestand (vgl. Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 3 Rz. 21) und stellt damit nur eine Ausformung des allgemeinen Irreführungstatbestandes der EG-Richtlinie dar. Es spricht viel dafür, dass die in dieser speziellen Vorschrift verbotenen Aussagen stets irreführend sind, weil durch ein einzelnes Lebensmittel eine maßgebliche Verringerung des Körpergewichts nicht erreicht werden kann. Das gilt auch für Nahrungsergänzungsmittel, die allein aus ihrer Art heraus keine schlank machende Wirkung haben dürften. Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorschrift mit EU-Recht könnten danach ohnehin nur aufkommen, soweit sie ausnahmsweise auch erkennbar nicht irreführende Angaben einbeziehen würde oder solche Angaben, die wissenschaftlich gesichert sind (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. 2, C 22 § 6 Rz. 8). Diese Fälle sind hier nicht gegeben (s. die Ausführungen unten Ziff. 4b). Die Beklagte kann sich deshalb auf entgegenstehendes EU-Recht nicht berufen.
c) Da es hier um den sensiblen Bereich der Gesundheitsvorsorge geht, stellt ein Verstoß gegen § 6 Nährwert-KennzeichnungsVO im Regelfall zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar. Warum das hier ausnahmsweise anders sein sollte, ist nicht ersichtlich.
4. Der Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich daneben auch aus § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG i.V.m. § 3 UWG. Die Beklagte hat in ihrer Werbung einem Lebensmittel im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gesundheitsbezogene Wirkungen beigelegt, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Das ist irreführend.
a) Bei dem von der Beklagten beworbenen Produkt … handelt es sich um ein Lebensmittel in diesem Sinne. Darunter sind nach § 1 LMBG auch solche Nahrungsergänzungsmittel zu verstehen, die dazu bestimmt sind, zur Ergänzung der Ernährung von Menschen verzehrt zu werden.
b) Dieses Lebensmittel hat die Beklagte damit beworben, dass es den Fettabbau begünstigen soll. Die Parteien streiten nicht mehr darüber, dass die angesprochenen Verbraucher, zu denen nicht nur Leistungssportler, sondern auch Bodyb...