Leitsatz (amtlich)
Zu den Beweisanforderungen für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Steinfurt (Urteil vom 29.09.2010; Aktenzeichen 30 F 310/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29.9.2010 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Steinfurt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum von August 2008 bis einschließlich 6.5.2010 Trennungsunterhalt i.H.v. insgesamt 13.813,55 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf
a) jeweils 678,01 EUR seit dem 1.8.2008, 1.9.2008 und 1.10.2008,
b) jeweils 655,01 EUR seit dem 1.11.2008 und 1.12.2008,
c) jeweils 593,37 EUR seit dem 1.1.2009, 1.2.2009, 1.3.2009, 1.4.2009, 1.5.2009 und 1.6.2009,
d) jeweils 604,29 EUR seit dem 1.7.2009, 1.8.2009, 1.9.2009, 1.10.2009, 1.11.2009 und 1.12.2009,
e) jeweils 807,54 EUR seit dem 1.1.2010, 1.2.2010 und 1.3.2010,
f) 787,54 EUR seit dem 1.4.2010 sowie
g) 73,38 EUR seit dem 1.5.2010 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Rechtstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 1/7, der Beklag-te 6/7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit von August 2008 bis Mai 2010.
Die am 28.6.1950 geborene Klägerin und der am 9.5.1940 geborene Beklagte heirateten am 9.5.1969. Aus ihrer Ehe ging der am 16.8.1973 geborene Sohn E hervor, der wirtschaftlich selbständig ist. Die Klägerin hat aus einer vorehelichen Beziehung noch eine Tochter. Der genaue Zeitpunkt der Trennung ist zwischen den Parteien streitig, wobei die Klägerin im Senatstermin am 12.9.2011 eine Trennung jedenfalls im Jahr 2002 nochmals bestätigt hat. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 20.8.2008 zur Auskunftserteilung auf. Der Scheidungsantrag wurde im Verfahren 30 F 186/08 (AG Steinfurt) am 18.7.2008 zugestellt. Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des AG Steinfurt vom 24.3.2010, rechtskräftig seit dem 7.5.2010, geschieden.
Die Klägerin ist gelernte Konditorin. Sie war bis 2002/2003 als selbständige Gastwirtin tätig. Von April 2008 bis Mai 2010 bezog sie Leistungen nach dem SGB II vom Landkreis C i.H.v. 551 EUR monatlich (August bis Oktober 2008), 624 EUR monatlich (November 2008 bis Juni 2009), 626 EUR monatlich (Juli bis Dezember 2009), 426 EUR monatlich (Januar bis März 2010), 446 EUR (April 2010) sowie 854,40 EUR (Mai 2010). Eine Rückabtretung der auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Ansprüche an die Klägerin ist nicht erfolgt. Aus diesem Grund macht die Klägerin im Berufungsverfahren nur noch die Differenz zwischen den erstinstanzlich eingeklagten 1.311,81 EUR monatlich und den jeweils auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Ansprüchen geltend.
Der Beklagte ist Rentner. Er erhält eine gesetzliche Rente von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See i.H.v. 1.541,24 EUR (2008 bis Juni 2009) bzw. 1.567,07 EUR (ab Juli 2009) und eine Rente von der Unterstützungskasse des DGB i.H.v. 916,78 EUR (in 2008) bzw. 893,50 EUR (in 2009) bzw. 900 EUR (in 2010).
Die Klägerin hat behauptet, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zudem sei sie aufgrund ihres Alters auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Die Klägerin ist von Gesamtrenteneinkünften des Beklagten i.H.v. 2.632,62 EUR ausgegangen und hat einen Unterhaltsanspruch i.H.v. 1.311,81 EUR errechnet.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 1.311,81 EUR ab August 2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gesundheitliche Beeinträchtigungen der Klägerin bestritten. Sie könne arbeiten und sei in der Lage, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Der Klägerin stehe auch deshalb kein Unterhalt zu, weil sie seit 1986 mit ihrem Lebensgefährten, Herrn L, in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammen lebe. Beide hätten gemeinsam mehrfach die Wohnung gewechselt. Der Lebensgefährte verfüge über gute Einkünfte, sei als selbständiger Architekt tätig und beziehe Altersrente. Der Unterhaltsanspruch sei verwirkt. Die Klägerin und Herr L seien in der Öffentlichkeit ständig als ein Paar aufgetreten. In dem Haus in O befinde sich auch nur ein Schlafzimmer, das die Klägerin zusammen mit Herrn L benutze. Die Lebensgemeinschaft sei durch gegenseitige Hilfs- und Einstandspflichten geprägt. Herr L habe der Klägerin auch aus finanzieller Bedrängnis geholfen. Die Klägerin habe ihn, den Beklagten, aufgefordert, den Unterhalt auf ein Konto von Herrn L zu zahlen. Von daher sei auch von wirtschaftlichen Verflechtungen der Klägerin mit Herrn L auszugehen. Die Klägerin und Herr L nähmen gemeinsam die Mahlzeiten ein und wüschen ihre Wäsche gemeinsam. Sie hätten einen gemeinsamen Urlaub in Thüringen verbracht. Die Klägerin habe im Scheidungsverfahren erklärt, dass sie 70.000 EUR in die Woh...