Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung des Art. 33 Abs. 2 Unterabsatz 2 LMIV
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Art. 33 Abs. 2 Unterabsatz 2
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 3 O 80/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.08.2018 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger ist in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen.
Die Beklagte stellt u.a. das Produkt "Dr. P W Knuspermüsli Schoko + Keks" her und vertreibt dieses Produkt auf dem deutschen Markt. Dieses Produkt wird in einer quaderförmigen Kartonverpackung (Abbildungen Anlagen K1 und K2 = Blatt 6-7 der Gerichtsakte) verkauft. Die seitliche Schmalseite der Verpackung (Abbildung Anlage K1 = Blatt 6 der Gerichtsakte) enthält unter der Überschrift "Nährwertinformation" Angaben zum Brennwert und zu den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz, und zwar zum einen bezogen auf 100 g des Produktes zum Zeitpunkt des Verkaufs (d.h. des nicht verzehrfertig mit Milch zubereiteten Produktes) und zum anderen bezogen auf eine Portion des zubereiteten Lebensmittels (bestehend aus 40 g des Produktes der Beklagten und 60 ml Milch mit einem Fettgehalt von 1,5%). Auf der Vorderseite (Schauseite) der Verpackung (Abbildung Anlage K2 = Blatt 7 der Gerichtsakte) werden die Angaben zum Brennwert und zu den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz, und zwar bezogen auf eine Portion des zubereiteten Lebensmittels (bestehend aus 40 g des Produktes der Beklagten und 60 ml Milch mit einem Fettgehalt von 1,5%), wiederholt, wobei zusätzlich noch das Gewicht einer solchen Portion angegeben wird, und zwar mit 100 g. Sonstige Nährwertangaben befinden sich auf der Vorderseite (Schauseite) der Verpackung nicht. Die inhaltliche Richtigkeit der vorstehend bezeichneten Nährwertangaben der Beklagten steht zwischen den Parteien außer Streit.
Mit Schreiben vom 09.11.2017 (Anlage K3 = Blatt 8-14 der Gerichtsakte) mahnte der Kläger die Beklagte ab. Die Beklagte sei zwar grundsätzlich berechtigt, auf der Vorderseite (Schauseite) der Produktverpackung einzelne Nährwertangaben, bezogen auf eine Portion des zubereiteten Lebensmittels, zu wiederholen. Aus Art. 33 Abs. 2 Unterabsatz 2 der "Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission" (im Folgenden: LMIV) folge jedoch, dass im Falle einer solchen Nährwertangabenwiederholung auf der Vorderseite (Schauseite) der Verpackung zusätzlich noch der Brennwert (Energiegehalt), bezogen auf 100 g des Produktes zum Zeitpunkt des Verkaufs (d.h. des nicht zubereiteten Produktes), auf der Vorderseite (Schauseite) der Verpackung angegeben werden müsse; an dieser zusätzlichen Angabe fehle es indes bei dem hier in Rede stehenden Produkt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.11.2017 (Anlage K4 = Blatt 15-16 der Gerichtsakte) wies die Beklagte den ihr gegenüber erhobenen Vorwurf zurück.
Der Kläger macht im vorliegenden Rechtsstreit einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch auf der Grundlage des mit der Abmahnung vom 09.11.2017 erhobenen Vorwurfes sowie einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten geltend.
Der Kläger hat gegenüber dem Landgericht die Argumentation aus seiner Abmahnung wiederholt und vertieft.
Der Kläger hat (sinngemäß) beantragt,
I. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für "W Müsli" wie in der Anlage K2 abgebildet mit Nährwertinformationen pro Portion zu werben bzw. werben zu lassen, ohne zusätzlich den Brennwert, bezogen auf 100 g des Produktes zum Zeitpunkt des Verkaufs (d.h. des nicht zubereiteten Produktes), anzugeben;
II. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 214,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, soweit Art. 33 Abs. 2 Unterabsatz 2 LMIV von einer Brennwert...