Leitsatz (amtlich)
Übersieht ein Gericht bei Urteilserlass die Tilgungswirkung eines zur Verrechnung gezahlten Vorschusses, so liegt hierin keine offenbare Unrichtigkeit des Urteils im Sinne des § 319 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.12.2016 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen (9 O 379/12) abgeändert und hinsichtlich der Ziff. 1 und 4 wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 66.480,61 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen.
4. Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 45 % und die Beklagten zu 55 %. Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger allein auferlegt.
Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls.
Der Kläger kollidierte am 09.01.2008 in T als Fahrer und Halter seines Firmenfahrzeugs Citroën Berlingo mit einem von dem Beklagten zu 1) geführten PKW Seat Ibiza, der bei dem Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist. Der Unfall kam dadurch zustande, dass der Beklagte zu 1) beim Abbiegen die Vorfahrt des Klägers missachtete, wodurch dieser in den Gegenverkehr geriet und dort frontal mit einem dritten Fahrzeug kollidierte. Bei dem Unfall erlitt der Kläger massive Verletzungen. Im Laufe der folgenden Krankenhausbehandlung kam es zu Komplikationen. Der Kläger musste aufgrund der Folgen des Unfalls den von ihm geführten Betrieb als selbständiger Heizungs- und Sanitärinstallateur Ende Oktober 2010 einstellen.
Die Beklagte zu 2) leistete vorprozessual Vorschüsse in Höhe von insgesamt 160.000 EUR an den Kläger, wobei sie einen Teilbetrag von 55.000 EUR auf das Schmerzensgeld und einen Teilbetrag von 42.700 EUR auf den Verdienstausfallschaden verrechnete und hinsichtlich des verbleibenden Teilbetrages von 62.300 EUR keine Verrechnungsbestimmung machte.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn brutto 170.839,16 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen;
2. die Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ab dem 01.01.2013 bis zum 31.05.2033 eine jeweils im Voraus zu entrichtende Rente von brutto 13.275,33 EUR für jeweils drei Monate im Voraus zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm auch über den 31.05.2033 hinaus jeden weiteren Verdienstausfall zu ersetzen;
4. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm über die Rentenzahlung hinaus jeden weiteren künftig noch entstehenden Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 09.01.2008 zu ersetzen;
5. ie Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 25.000 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen;
6. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm jeden weiteren immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 09.01.2008 zu ersetzen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung von Zeugen unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 109.180,61 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 und ab dem 01.01.2013 bis zum 31.05.2033 eine jeweils im Voraus zu entrichtende Rente von brutto 11.719,75 EUR für jeweils drei Monate im Voraus zu zahlen.
Den titulierten Betrag i. H. v. 109.180,61 EUR hat das Landgericht die folgt berechnet:
Es ist von folgenden Verdienstausfallschäden für die jeweiligen Jahre ausgegangen:
2008 |
0,00 EUR |
2009 |
26.260,00 EUR |
2010 |
51.080,68 EUR |
2011-2012 |
93.758,00 EUR |
zusammen |
171.098,68 EUR |
Hierzu hat das Landgericht die mit dem Antrag zu 1) in den Positionen 2-8 verfolgten diversen unstreitigen Kosten (Bl. 11-13 GA) in Höhe von insgesamt 381,93 EUR hinzuaddiert:
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381,93 EUR |
Zwischensumme |
171.480,61 EUR |
Hiervon hat das Landgericht wegen der Aufrechnung hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten wegen eines ohne Verrechnungsbestimmung gezahlten Betrages in Höhe von 62.300,00 EUR in Abzug gebracht:
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-62.300,00 EUR |
Ergebnis titulierter Betrag |
109.180,61 EUR |
Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung begehren die Beklagten abändernd die Abweisung der Klage, soweit sie unter Ziff. 1 des Urteilstenors zur Zahlung von mehr als 66.480,61 E...