Normenkette
BGB §§ 839, 847; StraßenreinigungsG NW § 1 Abs. 2; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 4 O 463/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.11.2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verantwortlichkeit für einen Glätteunfall, den die Klägerin als Fußgängerin am 4.12.1998 gegen 9.30 Uhr in … erlitten hat. Die Klägerin behauptet, sie habe zu diesem Zeitpunkt von der U-Bahn-Station kommend die Straße … mit festen Schuhen über die in der Nähe der … Brücke gelegene Verkehrsinsel in Richtung dieser Brücke überquert. Dabei sei sie zwischen der Verkehrsinsel und dem gegenüberliegenden Bürgersteig auf der mit Pulverschnee bedeckten und glatten sowie etwas abschüssigen Fahrbahn ausgerutscht und mit dem rechten Sprunggelenk umgeschlagen. Der Schnee war unstreitig, spätestens ab 6.00 Uhr früh gefallen und die Fahrbahn zur Unfallzeit noch nicht abgestreut. Die Klägerin meint, die Beklagte habe die ihr obliegende Räum- und Streupflicht verletzt und behauptet, es handle sich bei der Unfallstelle um einen Fußgängerüberweg, der zur Unfallzeit stark frequentiert gewesen sei. Die Klägerin behauptet weiter, sie habe die am selben Tag unstreitig bei ihr festgestellten Verletzungen – Sprunggelenkverrenkungsbruch rechts mit körperfernem Wadenbeinbruch, Abbruch des Innenknöchels sowie Abbruch eines hinteren Tibiafragments – bei diesem Unfall erlitten, wobei sich aus dem Sturz auch eine posttraumatische Arthrose entwickelt habe.
Die Haftpflichtversicherung des von der Beklagten mit dem Winterdienst in dem Unfallbereich beauftragten Privatunternehmers … hat an die Klägerin vorprozessual unstreitig einen beliebig verrechenbaren Vorschuss i.H.v. 1.000 DM gezahlt.
Mit der Klage hat die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld in der Größenordnung weiterer 15.000 DM sowie die Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche, künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis begehrt.
Die Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten. Sie verneint eine zur Unfallzeit an der Unfallstelle bestehende Streupflicht und bestreitet die behauptete starke Frequentierung des Überweges durch Fußgänger. Sie meint, dass zur Unfallzeit keine allgemeinen Streumaßnahmen geboten gewesen seien und behauptet, es habe zu dieser Zeit nur vereinzelt und örtlich begrenzt Glätte auf Straßen und Wege geherrscht.
Das LG hat nach Inaugenscheinnahme der Unfallörtlichkeit – zur Frage der Frequentierung des Überweges – sowie der Anhörung der Klägerin der Klage stattgegeben. Es hat eine Streupflichtverletzung der Beklagten an der Unfallstelle bejaht, ein Mitverschulden der Klägerin als nicht bewiesen angesehen und ein Schmerzensgeld von insgesamt 16.000 DM für angemessen erachtet.
Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, wobei sie weiterhin den Unfallhergang und eine starke Frequentierung der Unfallstelle durch Fußgänger bestreitet, die zeitlichen Voraussetzungen einer Streupflicht zur Unfallzeit in Abrede stellt und die Verletzungsfolgen bestreitet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das LG hat eine Haftung der Beklagten für den Sturz der Klägerin i.E. zu Recht bejaht. Sie hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gem. den §§ 839, 847 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Straßenreinigungsgesetz NW (StrReinG NW), Art. 34 GG für die bei dem Sturz entstandenen Schäden einzustehen.
Nach § 1 Abs. 2 StrReinG NW erstreckt sich die innerhalb geschlossener Ortslagen bestehende Reinigungspflicht der Gemeinden auch auf die Winterwartung und umfasst dabei insb. auch das Bestreuen der Gehwege und Fußgängerüberwege bei Schnee- und Eisglätte. Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte im Streitfall schuldhaft verstoßen und hierdurch den Unfall der Klägerin verursacht.
a) Der Senat hat zunächst keinen Zweifel daran, dass die Klägerin an der von ihr bezeichneten Stelle auf der Fahrbahn der Straße … infolge Schneeglätte gestürzt ist und sich dabei die in den Arztberichten vom 9.10.1999 (Bl. 7 f. d.A.) und vom 15.3.2000 (Bl. 9 ff. d.A.) attestierten Verletzungen und Verletzungsfolgen zugezogen hat. Diese Überzeugung gründet auf der detaillierten und glaubhaften Darstellung der Klägerin und dem persönlichen Eindruck, den der Senat bei der Anhörung von ihr gewonnen hat. Es kommt hinzu, dass die Klägerin nach ihrem Sturz nicht mehr gehfähig war und von der Unfallstelle mit einem Krankentransportwagen abgeholt werden musste, so dass sie damit rechnen musste, bei unwahrer Angabe des Unfallorts durch das Personal dieses Fahrzeugs der Lüge überführt zu werden.
b) Diese Unfallstelle gehörte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme räumlich zu dem streupflichtigen Bereich.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass nicht nur die besonders gekennzeichneten Fußgängerüberwege (z.B. „Zebrastreifen”), sondern auch ...