Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt. hier: Wirksamkeit eines vertraglich vereinbarten Unterhaltsverzichts

 

Leitsatz (redaktionell)

Der in einem Ehevertrag enthaltene Unterhaltsverzicht der Ehefrau ist unwirksam, wenn er völlig unangemessen ist und kein nachvollziehbares Motiv für einen Unterhaltsverzicht ersichtlich ist.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, §§ 1570, 1585c

 

Verfahrensgang

AG Detmold (Urteil vom 27.05.2003; Aktenzeichen 16 F 605/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 27.5.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Detmold in dem Ausspruch zum Ehegattenunterhalt und Zugewinnausgleich unter Ziff. 3) und 4) des Urteilstenors und in seinen Kostenaussprüchen wie folgt abgeändert:

3. Ehegattenunterhalt:

Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin ab Rechtskraft der Scheidung monatlichen Elementarunterhalt i.H.v. 643,41 Euro und monatlichen Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. 161,29 Euro zu zahlen.

4. Zugewinnausgleich:

Der Antragsgegner wird verurteilt, über den Bestand seines Endvermögens zum Stichtag 28.12.2001 Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer geordneten Aufstellung und Vorlage von Belegen über die einzelnen Vermögenspositionen.

Wegen des unter 3. der Berufungsbegründung vom 14.8.2003 gestellten Zahlungsantrages über die Leistungsstufe und wegen des einheitlich für die 1. Instanz zu treffenden Kostenausspruchs wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Leistungsstufe an das AG - FamG - zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungsstreitwert wird auf 19.656,40 Euro festgesetzt (9.656,40 Euro Unterhalt und 10.000 Euro geschätztes Interesse an der Durchführung des Zugewinnausgleichs).

 

Gründe

I. Auf den Inhalt der tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin, mit der sie ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche zum nachehelichen Unterhalt und zum Zugewinnausgleich weiterverfolgt, wobei sie beantragt, das Verfahren zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Zahlungsantrag zum Zugewinnausgleich an das FamG zurückzuverweisen. Sie macht geltend:

Das FamG habe zu Unrecht die Wirksamkeit der notariellen Vereinbarung vom 28.12.2001 angenommen. Die Vereinbarung sei nach der Rechtsprechung des BVerfG gem. § 242 BGB insgesamt unwirksam, weil die Antragstellerin sich ggü. dem Antragsgegner in einer unterlegenen Verhandlungsposition befunden habe und er unter Missbrauch des Instituts der Vertragsfreiheit ihre Unterlegenheit ausgenutzt habe, um sie aus ihrer Stellung als gleichberechtigter Ehegatte zu verdrängen. Ein überzeugendes Motiv für den Abschluss des Ehevertrages durch die Antragstellerin sei nicht ersichtlich.

Der Antragsgegner habe mit dem Unterhaltsverzicht praktisch keine Rechte aufgegeben, da nicht davon auszugehen gewesen sei, dass er unterhaltsbedürftig werden würde. Demgegenüber sei auf Seiten der Antragstellerin wegen der Betreuung der Kinder und ihrer in der Vergangenheit nur halbschichtig ausgeübten Tätigkeit nicht davon auszugehen gewesen, dass sie künftig bedarfsdeckende Einkünfte würde erzielen können. Sie werde einseitig mit den beruflichen Nachteilen belastet, die dadurch entstanden seien, dass sie während der Ehezeit Haushaltsführung und Kindererziehung übernommen habe.

Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs habe die Antragstellerin ebenfalls unangemessen benachteiligt und sei nur deshalb nicht zum Tragen gekommen, weil innerhalb eines Jahres Scheidungsantrag gestellt worden sei.

Auch der Ausschluss des Zugewinnausgleichs sei unwirksam, weil der Antragsgegner seine dominierende Stellung als Rechtsanwalt und Notar ausgenutzt habe. Er habe ihr vorgespiegelt, der Vertragsschluss sei erforderlich, um das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen vor dem Zugriff des Sozialamtes - im Hinblick auf die von dort getragenen Unterbringungskosten für die schwerstpflegebedürftige Mutter der Antragstellerin - zu retten.

Durch die Gütertrennungsvereinbarung sei auch ein Nachteil auf Seiten der Antragstellerin entstanden. Es bleibe bestritten, dass der Wert des Hausgrundstücks nur 110.000 Euro betragen habe und dem Verbindlichkeiten von 130.000 Euro gegenübergestanden hätten. Das Hausgrundstück habe zur Zeit der Übertragung einen Wert von 150.000 Euro gehabt (Sachverständigenbeweis). In welcher Höhe die Darlehen seinerzeit valutierten, sei nicht belegt. Zudem sei ein Teil der vom Antragsgegner übernommenen Verbindlichkeiten nicht für das Hausgrundstück aufgenommen worden. Ferner habe der Antragsgegner schon vor Abschluss des notariellen Vertrages für diese Verbindlichkeiten allein gehaftet.

Unabhängig davon ergebe sich aus der Vermögensaufstellung des Antragsgegners zum 15.3.2001 (Bl. 46 SH UE) ein Aktivvermögen von mindestens 140.000 DM, ohne dass ein Wert für die vom Antragsgegner betriebene Anwaltskan...

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