Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 18.01.2005; Aktenzeichen 17 O 124/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das - nach dem Verkündungsprotokoll am 18.1.2004, gemeint ist der 18.1.2005 - verkündete Urteil der VIII. Kammer für Handelssachen des LG Bielefeld abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Gründe
(§ 540 ZPO):
A. Der Kläger ist seit 11.10.2002 Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. I. GmbH. Erfordert von dem Beklagten als Erwerber eines Anteils an der Insolvenzschuldnerin die Zahlung einer rückständigen Stammeinlage i.H.v. anteilig 144.780,76 EUR.
Alleingesellschafterin der Schuldnerin war ursprünglich die Streitverkündete V.
I. Mit notarieller Urkunde vom 13.7.1999 erhöhte diese das Stammkapital von 2 Mio. DM auf 5 Mio. DM und übernahm den Erhöhungsbetrag. Nach Zusammenlegung des Erhöhungsanteils mit dem ursprünglichen Geschäftsanteil teilte sie diesen durch Notarverträge am 14.7.1999 und erneut am 18.11.1999 in insgesamt vier Anteile, was die Gesellschaft genehmigte, und veräußerte dem Beklagten am 15.7.1999 einen Geschäftsanteil von 499.500 DM, wobei sie versicherte, sämtliche Einlagen seien vollständig gezahlt. Tatsächlich waren zu dem Zeitpunkt 2.834.771,60 DM (fälschlich vom Kläger mit 2.834.675,60 DM angegeben), d.h. rund 56,7 % der Stammeinlage rückständig, was für den Beklagten nicht erkennbar war. Der Beklagte meldete den Übergang des Geschäftsanteils bei der Schuldnerin an, die auf weiteren Übergangsnachweis verzichtete. Nachdem der Beklagte erfahren hatte, dass die Stammeinlage nicht voll eingezahlt war, focht er den Anteilserwerb ggü. der Streitverkündeten mit Anwaltsschreiben vom 19.12.2001 wegen arglistiger Täuschung über die Einzahlung der Stammeinlage an, zeigte die Anfechtung der Schuldnerin an und nahm die Gesellschafterstellung in der Folgezeit nicht mehr wahr.
Der Kläger stützt die Klage auf § 16 Abs. 3 GmbHG und errechnet die Klageforderung mit 56,69 % von 499.500 DM, d.h. mit 283.166,55 DM/144.780,76 EUR.
Das LG hat der Klage einschließlich gesetzlicher Zinsen ab 10.8.2004 stattgegeben. Wegen der dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter, während die Klägerin das landgerichtliche Urteil verteidigt. Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B. Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Beklagte schuldet die auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen nicht aus § 16 Abs. 3 GmbHG, da er den Anteilserwerb, auf dem die Haftung für die Stammeinlage beruht, ggü. der Streitverkündeten wirksam anfocht und diese Anfechtung auch der Schuldnerin anzeigte. Durch die Anfechtung ist der Anteilserwerb als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB). Von der Nichtigkeit erfasst sind auch die Rechtsfolgen des § 16 Abs. 3 GmbHG.
I. Das LG hat eine Verpflichtung des Beklagten zur Nachentrichtung der Stammeinlage gem. § 16 Abs. 3 GmbHG angenommen und sich dabei auf die Rechtsprechung des BGH gestützt, wonach die Fehlerhaftigkeit des Anteilserwerbs und die daran anknüpfende Rückwirkungsfolge der Anfechtung auf die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ohne Einfluss seien, so dass auch von einem arglistig getäuschten Anteilskäufer, dem die volle Einzahlung der Stammeinlage vorgespiegelt wurde, die Nachentrichtung verlangt werden könne.
Der BGH hat in der vom LG zitierten Entscheidung (BGH v. 10.5.1982 - II ZR 89/81, BGHZ 84, 47 = GmbHR 1983, 42 = MDR 1982, 910) ausgeführt, die Gesellschaft müsse den nach § 16 Abs. 1 GmbHG angemeldeten Gesellschafter formal als solchen behandeln, bis eine Rechtsänderung (z.B. durch Anfechtung) ihr ggü. wirksam nachgewiesen sei. Er nehme also in der Zwischenzeit die Stimmausübung wahr, an Gewinnausschüttungen teil, und müsse deshalb auch für die rückständige Einlage haften. Die Haftung mit der Stammeinlage sei als notwendige Mindestleistung des Gesellschafters und Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Mitgliedschaftsrechten mit der Gesellschafterstellung so eng verbunden, dass die Wirkungen der Anmeldung nach § 16 Abs. 1 GmbHG auch auf sie zu erstrecken seien. In zwei später veröffentlichten Entscheidungen (BGH v. 22.1.1990 - II ZR 25/89, MDR 1990, 700 = NJW 1990, 1915 [1916]; v. 15.4.1991 - II ZR 209/90, MDR 1991, 733 = DB 1991, 1218 = GmbHR 1991, 311) hat der BGH seine Auffassung bekräftigt und ausgeführt, die Fehlerhaftigkeit des Anteilserwerbs und die daran anknüpfende Rückwirku...