Leitsatz (amtlich)
Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch Begehrensneurose (hier verneinend).
Normenkette
BGB §§ 823, 253
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 09.04.2013; Aktenzeichen 2 O 424/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9.4.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bielefeld unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 34.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.7.2009 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 25 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.12.2011 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jeden weiteren materiellen und jeden weiteren derzeit noch nicht absehbaren immateriellen Schaden aus Anlass des Unfallgeschehens vom 16.9.2006 zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe einer 1,3 - fachen Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von bis zu 45.000 EUR freizustellen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 35 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 65 %.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger 20 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 80 %.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Sie bestreiten weiterhin, dass der Kläger an den von ihm behaupteten Beschwerden leidet und dass diese auf einer somatoformen Schmerzstörung beruhen, die ihrerseits auf das Unfallgeschehen zurückzuführen ist.
Sie sind der Ansicht, dass der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen Unfall und somatoformer Schmerzstörung aufgrund einer vorliegenden Begehrensneurose unterbrochen sei, und sie daher für die hier geltend gemachten Schäden nicht hafteten.
Das zuerkannte Schmerzensgeld sei überhöht.
Nachdem aus orthopädischer Sicht eine Einschränkung in der Haushaltsführungsfähigkeit nicht vorliege, fehle es an einer differenzierten Betrachtung, inwieweit die psychiatrischen/somatoformen Beschwerden die Haushaltsführungsfähigkeit in dem hier maßgebenden konkreten Zeitraum beeinträchtigt haben.
Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Der Senat hat den Kläger gem. § 141 ZPO persönlich angehört. Der Sachverständige H hat sein schriftliches Gutachten erläutert und ergänzt. Insoweit wird auf den hierüber aufgenommenen Berichterstattervermerk vom 21.2.2014 verwiesen.
II. Die Berufung der Beklagten hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Dem Kläger steht aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 11 StVG, 253, 843 BGB, § 823 Abs. 1, 2 BGB, § 229 StGB, 3 Nr. 1 PflVSG gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. noch 34.000 EUR und ein Anspruch auf die allgemeine Unkostenpauschale i.H.v. 25 EUR zu. Des Weiteren sind die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger allen weiteren materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 16.9.2006 zu erstatten, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind, sowie den Kläger von den diesem entstandenen vorgerichtlichen Gebühren seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von bis zu 45.000 EUR freizustellen.
A. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner für die infolge der unfallbedingten Verletzungen erlittenen immateriellen Beeinträchtigungen ein sich aus § 253 Abs. 2 BGB, § 11 StVG ergebender Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes i.H.v. 34.000 EUR zu.
I.1. Die volle Haftung der Beklagten für die dem Kläger durch den Verkehrsunfall vom 16.9.2006 entstandenen Schäden ist zwischen den Parteien außer Streit.
2. Ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger durch den Unfall diverse Körperverletzungen erlitten hat und dadurch an seiner Gesundheit i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB geschädigt worden ist.
3. Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt nach gefestigter Rechtsprechung entschei...