Normenkette
AUB 94 § 2 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 15 O 350/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.4.2002 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus einer bei der Beklagten gehaltenen Unfallversicherung Zahlung der Invaliditätssumme i.H.v. 402.500 DM. Sie stürzte in der Nacht vom 8. auf den 9.8.1998 – nach eigenen Angaben zwischen 23.00 und 24.00 Uhr – von dem Balkon ihrer in der ersten Etage gelegenen Wohnung und ist seitdem querschnittsgelähmt.
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 der vereinbarten Versicherungsbedingungen (entsprechend AUB 88) ist Versicherungsschutz ausgeschlossen für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen.
Gegen 22.35 Uhr war die Klägerin zuvor mit einem Messer und einer Gaspistole in den Händen bei ihrem ihr ggü. wohnenden Nachbarn T. erschienen. Sie erklärte diesem, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst bestätigt hat, sie habe Angst, weil sie verfolgt werde. Als die Klägerin gegen 5.40 Uhr gefunden wurde, erklärte sie, ein ihr unbekannter Mann sei in ihrer Wohnung erschienen, habe sie vom Balkon gestoßen und dabei gesagt: „Damit du immer an mich denkst!”. Bei einer Anhörung durch die Polizei am 10.8.1998 gegen 9.40 Uhr erklärte die Klägerin, ein unbekannter Mann sei in die Wohnung eingedrungen; sie sei aus Angst geflohen, sei dann „wohl” über das Gitter geklettert und habe versucht, am Fallrohr der Dachrinne nach unten zu klettern; genau wisse sie das nicht mehr. Wegen weiterer Begleitumstände wird auf die Darstellung der unstreitigen Tatsachen in dem Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. – Diese Umstände sind auch bei der Anhörung der Klägerin vor dem Senat erörtert und von dieser nur insoweit bestritten worden, als die Klägerin behauptet hat, sie sei am Abend des Sturzes nicht alkoholisiert gewesen.
Die Klägerin hat behauptet, am 8.8.1998 habe zwischen 23.00 und 24.00 Uhr wiederholt das Telefon geklingelt, ohne dass sich jemand gemeldet habe. Es habe dann wiederholt an der Wohnungstür geschellt. Anschließend seien Geräusche an der Tür und unter ihrem Balkon zu hören gewesen. Sie sei auf den Balkon gegangen, um nach unten zu sehen. Sie habe sich auf eine Plastikwanne gestellt, über das Geländer gebeugt und sei dabei ausgerutscht.
Das LG hat ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. A. (Bl. 164–180 d.A.) eingeholt und die Klage – entsprechend dem Vortrag der Beklagten – mit der Begründung abgewiesen, dass der Sturz durch eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung verursacht worden sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung und des Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Sie wiederholt ihre Darstellung des Unfallhergangs und macht geltend:
Die Beklagte habe nicht den vollen Beweis erbracht, dass der Sturz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung beruhe. Insbesondere sei eine Alkoholbeeinflussung nicht erwiesen. Die Klägerin sei zwar verängstigt gewesen; dies bedeute aber nicht das Vorliegen einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung. Angesichts des erlittenen Traumas sei es auch nicht verwunderlich, dass die Klägerin nach dem Sturz verschiedene Schilderungen gegeben habe.
Psychische Auffälligkeiten seien weder vor dem Sturz noch ab dem 20.8.1998 in der Reha-Klinik beobachtet worden. Delir-Erscheinungen in den ersten Tagen nach dem Sturz könnten auf einem posttraumatischen Stress-Syndrom beruhen. Gegen eine Alkoholerkrankung und auch gegen eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung spreche zudem, dass die Wohnung aufgeräumt gewesen sei und keine alkoholischen Getränke, Flaschen etc. herumgestanden hätten.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung und den Schriftsatz vom 28.11.2002 verwiesen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen. Dazu wird auf die Berufungserwiderung und den Schriftsatz vom 5.12.2002 Bezug genommen.
Der Sachverständige hat sein Gutachten vor dem Senat mündlich erläutert. Wegen des Inhalts dieser Erläuterungen wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen.
II. Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat wegen des Sturzes am 8./9.8.1998 keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Unfallversicherung. Versicherungsschutz ist, wie auch bereits das LG ausgeführt hat, gem. § 2 Abs. 1 S. 1 der Versicherungsbedingungen ausgeschlossen, da der Sturz i.S.d. Klausel durch eine Geistesstörung verursacht ist.
1. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin am Abend des 8.8.1998 bis zu ihrem Sturz unter Wahnvorstellungen litt und dass di...