Entscheidungsstichwort (Thema)
Vom Architekten pflichtwidrig unterlassene Kostenermittlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Unterlässt ein Architekt vertraglich geschuldete Kostenermittlungen, führt dies in der Regel zu einer Minderung seiner Honorarforderung nach § 634 BGB a.F., ohne dass der Auftraggeber dem Architekten im Zeitraum der jeweils zu erbringenden Teilleistung oder nachträglich eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzen muss.
2. Ein Architekt handelt pflichtwidrig, wenn er seinem Auftraggeber zur Verwendung ggü. Handwerkern ein Vertragsformular zur Verfügung stellt, dessen Inhalt gegen wesentliche Grundsätze des Werkvertragsrechts - hier Vertragsstrafe - verstößt.
Normenkette
HOAI § 15; BGB §§ 634 a.F.; BGB §§ 336 ff.; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 09.01.2004; Aktenzeichen 17 O 284/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 9.1.2004 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des LG Essen unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 7.440,18 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 19.12.1996 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger zu 71 % und die Beklagten zu 29 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern zu 94 % und den Beklagten zu 6 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Auf eine Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.
Die zulässige Berufung der Kläger hat nur in geringem Umfang Erfolg.
Über die vom LG zugesprochene zweitinstanzlich nicht mehr in Frage stehende Hauptforderung von 6.540,39 EUR hinaus stehen ihnen lediglich weitere 899,79 EUR zu, so dass sich ihre Gesamtforderung gegen die Beklagten auf 7.440,18 EUR nebst Zinsen beläuft. Der zusätzliche Anspruch setzt sich aus 306,78 EUR wegen von den Beklagten unterlassener Kostenermittlungen (I.) und 593,01EUR wegen eines von den Beklagten versäumten Abzuges von der für die Treppenanlage durch die S. GmbH am 5.8.1992 erstellten Rechnung (XVII.) zusammen. Die von den Klägern mit der Berufung verfolgten weiteren Positionen sind dagegen unbegründet.
Für die rechtliche Beurteilung ist gem. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB das BGB in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung anwendbar, weil die Parteien den Architektenvertrag, aus dem die Kläger die geltend gemachten Ansprüche herleiten, bereits im Jahre 1991 geschlossen haben.
Die nachfolgende Darstellung der zweitinstanzlich noch im Streit befindlichen Forderungen folgt aus der Nummerierung des landgerichtlichen Urteils.
I. Die Kläger verlangen gem. § 634 Abs. 1 BGB zu Recht eine Minderung des Architektenhonorars der Beklagten, weil diese von ihnen geschuldete Kostenermittlungen nicht vollständig aufgestellt haben. Die Minderung ist jedoch nicht in Höhe der von den Klägern verlangten 3.600 DM, sondern lediglich i.H.v. 600 DM, entsprechend 306,78 EUR, gerechtfertigt.
1. Die Parteien haben am 19./21.4.1991 einen Vertrag geschlossen, mit dem die Kläger den Beklagten beim Neubau des Wohnhauses I.-Str. in F. die Erbringung der in § 15 HOAI genannten Leistungsphasen 1-9 übertragen haben. In einem solchen Fall ist in der Regel die Auslegung gerechtfertigt, dass dem Architekten damit auch die Verpflichtung auferlegt werden soll, die in § 15 HOAI hinsichtlich der verschiedenen Leistungsphasen genannten Kostenermittlungen vorzunehmen (BGH BauR 2005, 400). Davon kann auch hier ausgegangen werden. Der Zweck der Kostenermittlungen, eine vom Planungsstand abhängige Information über die voraussichtlichen Kosten des Bauwerks zu erhalten, war für die Kläger, wie auch die tatsächliche Kostenentwicklung gezeigt hat, von wesentlicher Bedeutung. Diese der Üblichkeit entsprechende Interessenlage war den Beklagten bekannt, so dass sie die Nennung der Leistungsphasen 1-9 im Architektenvertrag dahin verstehen mussten, die Kostenermittlungen als Teilleistungen zu schulden. Daran ändert nichts, dass ein Pauschalhonorar vereinbart war. Zwar entfiel damit die Notwendigkeit, das Architektenhonorar gem. § 10 Abs. 2 HOAI für die einzelnen Leistungsphasen nach den für sie jeweils maßgeblichen Kostenermittlungen zu berechnen. Der wesentliche Zweck der Kostenermittlungen, einen Überblick über die Kostenentwicklung zu gewährleisten, war dadurch jedoch nicht berührt.
Die Pflicht der Beklagten zur Aufstellung der Kostenermittlung entfiel ferner nicht dadurch, dass der Kläger zu 2), wie die persönliche Anhörung der Parteien im Senatstermin ergeben hat, verschiedene Gewerke ohne Einbeziehung der Beklagten vergeben und diese über die hierauf entfallenden Kosten nicht unterrichtet hat. Das Vorgehen durften die Beklagten nicht dahin verstehen, von ihnen werde keinerlei Kostenermittlung mehr erwartet. Vielmehr haben die Kläger die Beklagten mit Schreiben vom 11.9.1992 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 34 GA) unter Hinweis auf vorangegangene Telefonate ausdrücklich zu einer ...