Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrede der beschränkten Erbenhaftung im Berufungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Forderung des Insolvenzverwalters gegen die Erbin des Gesellschafters einer GmbH auf Zahlung der fehlenden Stammeinlage eines Mitgesellschafters.
2. Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung im Berufungsverfahren ist nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
Normenkette
GmbHG §§ 24, 63, 69; ZPO § 531 Abs. 2, § 780
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 12.04.2005; Aktenzeichen 12 O 196/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.4.2005 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Bochum teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.484,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.12.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 34 % und die Beklagte 66 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der 1996 verstorbene und von ihr allein beerbte Ehemann der Beklagten war mit einem Anteil von 1.000 DM neben einer Frau O. mit einem Anteil von 49.000 DM Gründungsgesellschafter der 1994 gegründeten späteren Insolvenzschuldnerin, einer GmbH. Die Einlagen waren sofort fällig. In Höhe eines Teilbetrages von 28.000 DM leistete Frau O. - wie in zweiter Instanz unstreitig ist - ihre Einlage nicht wirksam. Der im Jahre 2001 zum Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin bestellte Kläger führte deshalb gegen Frau O. das Kaduzierungsverfahren durch, erwirkte gegen sie ein Versäumnisurteil auf Zahlung des Betrages von jetzt 14.316,17 EUR und versuchte erfolglos die Vollstreckung.
Der Kläger nimmt nunmehr die Beklagte als Erbin ihres Mannes gem. § 24 GmbHG auf die fehlende Stammeinlage in Anspruch. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte zum einen Abweisung der Klage, soweit sie zur Zahlung von mehr als 9.484,46 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist. Denn - so meint sie - in Höhe des Restbetrages könne der Kläger sich durch Aufrechnung gegen eine unstreitig als Masseverbindlichkeit bestehende Gehaltsforderung der Frau O. befriedigen. Zum anderen begehrt sie, soweit sie verurteilt worden ist, den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung.
B. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte den vom LG zuerkannten Anspruch gem. § 24 GmbHG in der Höhe nicht, in der der Gesellschafterin O. ein Masseanspruch gegen die Insolvenzschuldnerin (auf Zahlung von Geschäftsführergehalt für die Zeit nach Insolvenzeröffnung) zusteht, somit i.H.v. 4.831,71 EUR.
1. Der Kläger kann die Forderung auf die rückständige Stammeinlage in dieser Höhe allerdings nicht ohne weiteres durch Aufrechnung ggü. der Frau O. einziehen (§ 24 S. 1 GmbHG). Denn im Hinblick auf das Erfordernis realer Kapitalaufbringung darf mit Forderungen auf Zahlungen auf die Stammeinlage nicht uneingeschränkt aufgerechnet werden. Es darf insb. nur gegen vollwertige, fällige und liquide Forderungen aufgerechnet werden. Entgegen der Ansicht des LG kann zwar hinsichtlich der Vergütungsforderung der Frau O. deren Vollwertigkeit nicht mit der Begründung verneint werden, sie sei nur in Höhe der Insolvenzquote realistisch. Denn es handelt sich bei ihr gerade nicht um eine einfache Insolvenzforderung, sondern vielmehr um eine Masseverbindlichkeit, die vorab aus der vorhandenen Masse zu befriedigen ist (§ 53 InsO). Aber auch die vorhandene Masse reicht zurzeit nicht aus, die Forderung der Frau O. vollständig zu befriedigen. Das wäre erst dann der Fall, wenn die Beklagte - was bisher nicht geschehen ist - den mit der Berufung nicht angegriffenen Teil der Klageforderung zur Masse gezahlt hätte, weil erst dann mehr Masse vorhanden wäre, als insgesamt an Masseverbindlichkeiten bestehen.
2. Es entspricht jedoch allgemeiner Meinung, dass der Insolvenzverwalter (ebenso wie der Liquidator) Einlagen stets nur insoweit einfordern darf, wie er sie zur Befriedigung von Gläubigern benötigt (Scholz/Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 63 Rz. 59; 9. Aufl., § 69 Rz. 29; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 24 Rz. 9). Das ist hinsichtlich des noch mit der Berufung angegriffenen Betrages nicht der Fall: Dieser Betrag kann für die Insolvenzgläubiger oder andere Massegläubiger nie mehr benötigt werden. Letztere können durch die von der Beklagten eingeforderten 9.484,46 EUR vollständig befriedigt werden. Ersteren können die weiteren 4.831,71 EUR nie zugute kommen, da vorrangig Frau O. mit ihrer Masseforderung hieraus zu befriedigen wäre. Und für die Befriedigung dieser Forderung sind sie nicht notwendig, weil der Kläger dasselbe durch Aufrechnung ggü. Frau O. erreichen kann, sobald nur die titulierten 9.484,46 EUR gezahlt sind. Diese Aufrechnung führt mit anderen Worten nie zu einer Benachteiligung anderer Insolvenz- oder Massegläubiger. Die Beklagte kann d...