Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 15.06.2016; Aktenzeichen 20 O 92/15) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.06.2016 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Essen wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.I. Der Kläger nimmt die Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R GmbH (im folgenden: Schuldnerin) auf Zahlung eines angeblich insolvenzrechtlich anfechtbar erlangten Betrages in Höhe von (zuletzt) 522.495,36 EUR in Anspruch.
Die Beklagte war in den Jahren 2008 und 2009 über verschiedene Gesellschaften zu jedenfalls 13,95 % mittelbar an der Schuldnerin beteiligt und zugleich deren Verpächterin in Bezug auf das zu dem Betrieb der Schuldnerin gehörende bewegliche und unbewegliche Anlagevermögen nebst aller immateriellen Wirtschaftsgüter.
Am 11.08.2008 zahlte die Schuldnerin - soweit in der Berufungsinstanz noch von Relevanz - auf die Pacht der Monate März bis Juli 2008 einen Betrag in Höhe von 112.898,73 EUR, am 19.12.2008 auf die Pacht der Monate September 2008 bis November 2008 weitere 71.732,52 EUR und am 05.05.2009 auf die Pacht der Monate Januar bis April 2009 einen Betrag in Höhe von 89.992,46 EUR.
Darüber hinaus zahlte sie am 04.05.2009 weitere 247.871,65 EUR auf der Grundlage einer mit der Beklagten am 28.04.2009 getroffenen Vereinbarung, wonach die Schuldnerin an die Beklagte zum Ausgleich der bis dahin unerledigten Verpflichtung der Schuldnerin, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten auf ihre Kosten vorzunehmen, insgesamt 416.591,- EUR zzgl. USt. zahlen sollte.
Die Summe der Zahlungen ist - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - Gegenstand der Klage des Klägers, der mit der auf einen Eigenantrag der Schuldnerin vom 09.06.2009 hin beschlossenen Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.09.2009 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden ist.
II. Das LG hat die Zeugen S und Z vernommen und die Beklagte anschließend antragsgemäß - soweit die Klage ursprünglich über den in der Berufung noch in Rede stehenden Betrag hinausgegangen ist, hat der Kläger diese zurückgenommen - zur Zahlung von 522.495,36 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt, sämtliche durch die Beklagte vereinnahmten Zahlungen seien objektiv gläubigerbenachteiligend gewesen, als Befriedigung darlehensgleicher Forderungen zu qualifizieren, innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt und daher gem. §§ 143, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.
Soweit es die zur Erfüllung der Pachtforderungen vorgenommenen Zahlungen betreffe, habe die Schuldnerin diese mehr als 30 Tage nach der Fälligkeit der - damit als durch die Beklagte "stehen gelassenen" und deshalb als darlehensgleich anzusehenden - Forderungen bedient. Nach dem Inhalt des Pachtvertrages seien die Zahlungen jeweils monatlich im Voraus zu erbringen gewesen. Dass diese Regelung später abgeändert worden sei, sei nicht ersichtlich. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei auch nicht davon auszugehen, dass die Schuldnerin die monatlich fällige Pacht auf ein Konto der Beklagten gezahlt oder tatsächlich separiert habe; vielmehr seien Zahlungen nur auf Abruf der Beklagten erfolgt, was ein weiteres Indiz für den darlehensgleichen Charakter der Forderung der Beklagten darstelle.
Auch die mit Blick auf den Vertrag vom 04.05.2009 geleistete Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte stelle die Erfüllung einer darlehensgleichen Forderung der Beklagten dar. Die Schuldnerin sei gem. § 3 des Pachtvertrages verpflichtet gewesen, das ihr überlassene Anlagevermögen wie Eigentum zu pflegen und auf ihre Kosten instand zu setzen. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagten ein Anspruch auf Veranlassung der erforderlichen Arbeiten bzw. auf Zahlung eines zur Durchführung der Arbeiten entsprechenden Betrages zugestanden. Die Fälligkeit dieser Forderung sei gem. § 271 BGB jeweils "sofort" eingetreten. So habe unstreitig jedenfalls seit 2001 - was der Beklagten auch bekannt gewesen sei - ein Reparatur- und Instandsetzungsbedarf in Bezug auf haustechnische Anlagen in einem Volumen von ca. 188.000,- DM bestanden, zu dem sich während der Pachtzeit jedenfalls noch Brandschutzmängel und Aufzugschäden addiert hätten. Indem die Beklagte ihren Anspruch nicht zuvor geltend gemacht habe, habe sie der Schuldnerin die Möglichkeit verschafft, das für die Reparatur erforderliche Kapital anderweitig zu verwenden.
Der darlehensgleiche Charakter der Forderung sei insofern auch nicht durch den Abschluss der Vereinbarung vom 28.04.2009 abhanden gekommen. So sei in der Rechtsprechung zur Verhinderung nicht billigenswerter Umgehung...