Leitsatz (amtlich)
1. Der Einwand, die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO sei versäumt worden, kann auch im Rahmen einer Berufung geltend gemacht werden. Allerdings könnte diesem Einwand ein vom Insolvenzgericht gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO ausgesprochenes Vollstreckungsverbot entgegenstehen.
2. Die weitere Benutzung eines Leasinggegenstandes nach Kündigung des Leasingvertrages rechtfertigt den Erlass einer einstweiligen Verfügung nur dann, wenn die Grenzen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache deutlich überschritten werden.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 19 O 5/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten vom 21.02.2020 wird das Urteil der 19. Zivilkammer - V. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Dortmund vom 03.02.2020 abgeändert:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 23.01.2020 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsklägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) die Herausgabe von Leasinggegenständen.
Die Klägerin ist ein Leasingunternehmen und tritt als Leasinggeber für gewerbliche Kunden europaweit auf. Die Beklagte betreibt ein Transportunternehmen und ist im Handelsregister des Amtsgerichts Kleve als einzelkaufmännisches Unternehmen eingetragen. Die Klägerin firmierte ursprünglich unter der ABC GmbH & Co.KG.
Die ABC Deutschland GmbH & Co.KG und die Beklagte schlossen am 14.01.2016 Verträge über operatives Leasing hinsichtlich der Fahrzeuge mit den Fahrzeug-Identifikationsnummern D1, E2, und F3 (vgl. Anlage ASt2). Ein weiterer Vertrag bezüglich des Fahrzeugs mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer G4 wurde am 28.11.2018/22.01.2019 geschlossen (vgl. Anlage ASt2). In den jeweiligen Verträgen vereinbarten die Parteien unter dem Buchstaben H, dass der Leasing-Vertrag den dem Vertrag beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für operative Leasingverträge (vgl. Anlage ASt19) unterliegt.
Des Weiteren schlossen die Parteien sieben weitere Leasingverträge ab (vgl. Anlage ASt5), und zwar einen Vertrag vom 09.09./18.11.2019 zu der Fahrzeug-Identifikationsnummer 5, einen Vertrag vom 09.09./18.11.2019 zu der Fahrzeug-Identifikationsnummer I6, einen Vertrag vom 07.08./12.08.2019 zu der Fahrzeug-Identifikationsnummer J7, einen Vertrag vom 07.08./12.08.2019 zu der Fahrzeug-Identifikationsnummer K8, einen Vertrag vom 07.08./12.08.2019 zur Fahrzeug-Identifikationsnummer L9, einen Vertrag vom 07.08./12.08.2019 zur Fahrzeug-Identifikationsnummer M0 und einen Vertrag vom 07.08./12.08.2019 zur Fahrzeug-Identifikationsnummer N ....
Ausweislich sämtlicher Leasingverträge war auch die Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Anlage ASt3) zwischen den Parteien vereinbart.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bzw. der ABC GmbH & Co.KG enthielten u.a. wortgleich folgende Klauseln:
6.5 Eine Gebrauchsüberlassung des Leasingobjekts an Dritte bedarf der Einwilligung von ABC bzw. OPQ Lease. (...)
7.1 Der Vertrag kann vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer nicht durch Kündigung beendet werden, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor.
Ein wichtiger Grund für ABC bzw. OPQ Lease liegt insbesondere dann vor, wenn der Kunde
a. für zwei aufeinanderfolgende Monate mit der Entrichtung der Leasingraten in Verzug ist;
b. in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Monate erstreckt, mit der Entrichtung der Leasingraten in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Leasingraten für zwei Monate erreicht; (...)
10.1 Bei Beendigung des Vertrages hat der Kunde das Leasingobjekt auf seine Kosten und seine Gefahr unverzüglich an den Geschäftssitz von ABC bzw. OPQ Lease zurückzuliefern. (...)
14.7 Gerichtsstand ist Dortmund, soweit es sich beim Kunden um einen Vollkaufmann, eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich rechtliches Sondervermögen handelt. (...)
Die Klägerin zog zunächst die Leasingraten für sämtliche Objekte in Höhe von 10.828,- EUR brutto im Monat von dem Geschäftskonto der Beklagten ein, die die Leasinggegenstände an die ß R Spedition & Transport GmbH vermietet hatte. Streitig ist zwischen den Parteien, seit wann die Verfügungsklägerin hiervon wusste.
Die Beklagte geriet mehrfach mit der Zahlung von Leasingraten in Rückstand. Unter dem 17.10.2018 (vgl. Anlage B4, Bl. 70 f. d.A.) und unter dem 28.12.2018 (vgl. Anlage B3, Bl. 68 f. d.A.) sprach die Verfügungsklägerin deswegen jeweils fristlose Kündigungen aus, leitete in der Folgezeit aber keine weiteren Rechte daraus her.
Am 22.01.2019 führten der Geschäftsführer der Klägerin S und der Inhaber der Beklagten ein Gespräch darüber, ob die Klägerin nicht eine vertragliche Regelung betreffend die Nutzung der Zugmaschinen und Auflieger durch die R Spedition & Transport GmbH treffen wolle. Mit E-Mail vom 22.01.2019 teilte die Klägerin der Beklagten mit "solange die Ratings so sind wie jetzt, können wir leider keine Verträge umsc...