Leitsatz (amtlich)

Das Entladen des eigenen Fahrzeugs ist dessen Betrieb nach § 7 Abs. 1 StVG zuzuordnen.

 

Normenkette

StVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 21 O 17/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.01.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten als Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherung des Pkw Opel in Anspruch, den der Beklagte zu 1) am 22.05.2014 auf der L-Straße in H führte. Der Kläger hatte seinen Mercedes Transporter auf dem Bürgersteig vor seiner Wohnung entgegen der Fahrtrichtung abgestellt. Er befand sich noch an seinem Fahrzeug, als der Beklagte zu 1) dieses passieren wollte. Dabei kam es zu einer Kollision dergestalt, dass der Kläger von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) erfasst wurde, gegen die Windschutzscheibe schleuderte und von dort aus auf den Bürgersteig geworfen wurde.

Die Unfallstelle befindet sich in einer Tempo-30-Zone.

Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage Schadensersatz in Höhe von 1.249,50 Euro (1.150,45 Euro Zuzahlung für eine zahnprothetische Behandlung und 99,00 Euro für einen im Krankenhaus durch Aufschneiden zerstörten Trainingsanzug), ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.500,00 Euro sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten dem Grunde nach für weitere Schäden und die Freistellung von Rechtsanwaltskosten verfolgt.

Hierzu hat er behauptet, er sei nach der Rückkehr von einem Einkauf durch die Seitentür seines Fahrzeuges zur Straße zunächst vorderseitig aus seinem Fahrzeug ausgestiegen. Danach habe er sich umgesehen und kein nahendes Fahrzeug gesehen. Sodann habe er hinter den Beifahrersitz gefasst und dort mehrere Milchpackungen hervorgenommen. Bei dem anschließenden Versuch, die Schiebetür seines Fahrzeuges zuzuziehen, sei er völlig überraschend seitlich/von hinten von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) erfasst worden.

Infolge des Anstoßes mit dem Kopf an die Windschutzscheibe habe er u.a. zwei Zähne vorne links oben verloren. Des Weiteren habe er eine Gehirnerschütterung, eine Thoraxprellung und eine Kopfplatzwunde erlitten und sei fünf Tage lang im Krankenhaus behandelt worden. Er habe eine hundertprozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Dauer von drei Monaten erlitten. Des Weiteren habe er bis einschließlich Ende August 2014 an durchgehenden Kopfschmerzen und Schwindelattacken gelitten, die bis heute noch gelegentlich aufträten. Er befinde sich alle 14 Tage deshalb in ärztlicher Behandlung. Wegen des Verlustes der beiden Zähne habe er sich einer zahnprothetischen Behandlung unterziehen müssen. Bis zum Schadensereignis sei er als Rentner in der Lage gewesen, Nebenverdienste als erfahrener Hochleistungsschweißer zu erzielen. Diese Möglichkeit sei ihm nunmehr durch die unfallbedingten Kopfschmerzen und Schwindelattacken entzogen. Außerdem habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten für seine Zukunftsschäden, die sich derzeit nicht beziffern ließe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 1.249,50 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, letztere, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, aus dem Unfall vom 22.05.2014 auf der L-Straße in H zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen,

4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger von dem nicht anrechenbaren Teil der außergerichtlichen Vergütung seines Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt N in H, für die vorgerichtliche Tätigkeit freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, der Beklagte habe gegen 9.20 Uhr die L-Straße in südlicher Richtung befahren, die Fahrbahn sei frei gewesen. Unmittelbar vor dem Beklagten zu 1), der nicht mehr habe ausweichen oder bremsen können, sei plötzlich der Kläger rückwärts aus der Schiebetür des Sprinters auf die Fahrbahn getreten, ohne den Verkehr auf der Straße überhaupt zu beobachten. Hiermit habe der Beklagte zu 1) auch nicht rechnen können. Er habe sein Fahrzeug sofort voll abgebremst und sei unmittelbar hinter dem Sprinter zum Stehen gekommen. Der Seitenabstand zum Bordstein habe mindestens einen Meter betragen. Zum Abschließen des Fahrzeuges hätte der Kläger auch nicht so weit auf der Fahrbahn stehen müssen, dass der Unfall entstanden wäre. Sämtliche Folgen des Unfalls würden mit Nichtwissen bestritten, an Schmerzensgeld sei maximal 2.500,00 Euro zu bemessen. Die Unfallschäden seien vollständig und folgenlos ausgeheilt.

Das Landge...

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