Leitsatz (amtlich)
1. Für den Beginn der Verjährung von Regressansprüchen kommt es auf den Kenntnisstand derjenigen Mitarbeiter des sachlich zuständigen Sozialhilfeträgers an, die mit der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen betraut sind; Verantwortung für die außergerichtliche Geltendmachung von Regressansprüchen ist ausreichend.
2. Zu der Frage der Entbehrlichkeit der für den Beginn der Verjährung nach § 852 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderlichen positiven Kenntnis vom Schaden einschließlich des Schadenshergangs und des Schädigers, wenn dem Sozialhilfeträger bekannt ist, dass der Geschädigte einen Zivilrechtsstreit gegen den Schädiger führt.
Normenkette
BGB § 852; StVG § 14; PflVG § 3 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Detmold (Aktenzeichen 9 O 506/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 6.4.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des LG Detmold wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheit i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Beide Parteien können Sicherheit durch Bankbürgschaft leisten.
Die Beschwer des Klägers beträgt 62.291,58 DM
Tatbestand
Der Kläger, ein überörtlicher Sozialhilfeträger, nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht auf Erstattung von Aufwendungen und Feststellung der zukünftigen Haftung aus Anlass eines Verkehrsunfalls in Anspruch.
Am …1.1984 wurde der damals 7-jährige … beim Überqueren einer Straße von einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw erfasst und schwer verletzt. Der Geschädigte hat durch den Unfall dauerhafte körperliche und geistige Schäden erlitten und ist zu 100 % schwerbehindert. Die Beklagte und ihr Versicherungsnehmer wurden mit Urteil des LG Bielefeld vom 20.12.1985 rechtskräftig zum Ersatz von 50 % aller entstandenen und zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden verurteilt, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergehen. Am 6.6.1991 erklärte sich der Geschädigte gegenüber der Beklagten gegen Zahlung eines weiteren Betrags mit allen Ersatzansprüchen, ausgenommen einen eventuellen Minderverdienst und einen eventuellen Rentenschaden, abgefunden.
Bereits im Jahr 1984 stellten die Eltern von F. bei der Stadt B. einen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Pflege gem. §§ 68, 69 BSHG. Sie teilten dabei mit, dass Ansprüche aus Anlass eines Verkehrsunfalls bestehen könnten. Die Stadt B. leitete daraufhin mit Schreiben vom 28.6.1984 eventuelle Ansprüche gegen die Beklagte auf sich über. Die Beklagte lehnte eine Erstattung von Aufwendungen der Stadt B. mit Schreiben vom 12.7.1984 ab.
Der Kläger selbst wurde erstmals am 27.4.1984 anlässlich eines Antrags auf Kostenerstattung für eine Rehabilitationsmaßnahme mit dem Fall des F. befasst. Mit Schreiben vom 7.8.1984 bat er dessen Eltern u.a. um Mitteilung, ob die Verletzung ihres Sohnes auf einen Unfall zurückzuführen sei und sie deshalb eventuelle Schadensersatzansprüche geltend machen könnten. Die Eltern antworteten hierauf mit Schreiben vom 9.8.1984, dass sie eine Zivilklage erheben würden. Der Kläger ging dieser Information nicht weiter nach.
Im November 1995 wurde F. in eine Werkstatt für Behinderte aufgenommen. Die Kosten wurden zunächst vom Arbeitsamt B. getragen. Nach erfolgreicher Teilnahme an den Maßnahmen im Eingangs- und Arbeitstrainingsbereich wurde F. am 6.11.1996 in den Arbeitsbereich der Werkstatt aufgenommen. Der Kläger übernahm ab dem 14.9.1997 die hierdurch entstehenden Kosten. Die Übernahme in den Arbeitsbereich der Werkstatt wurde in einer Fachausschusssitzung am 28.10.1996 erörtert. Dabei wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Behinderung des F. auf einem Unfall beruhte. Am 5.11.1996 erhielt der Kläger vom Arbeitsamt B. Unterlagen über diesen Schadensfall, u.a. das Urteil des LG B. Daraufhin informierte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 7.11.1996 darüber, dass er eventuell Sozialhilfeaufwendungen für F. zu erbringen habe, und machte mit Schreiben vom 25.1.1999 Ersatzansprüche geltend, die von der Beklagten zurückgewiesen wurden.
Mit der am 28.10.1999 eingereichten und der Beklagten am 10.11.1999 zugestellten Klage hat der Kläger hälftige Erstattung der ihm für den Zeitraum vom 14.9.1997 bis 31.12.1998 entstandenen Aufwendungen für die Betreuung des Geschädigten in der Behindertenwerkstatt sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte auch alle weiteren unfallbedingten Aufwendungen zur Hälfte zu ersetzen hat.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es sei auf die Kenntniserlangung der Stadt B. abzustellen, so dass die Verjährungsfrist bereits im Jahre 1984 begonnen habe. Im Übrigen sei auch der Kläger selbst schon vor der Fachausschusssitzung vom 28.10.1996, wohl am 27.10.1996, über alle maßgeblichen Umstände des Unfalls informiert worden.
Der Kläger hat demgegenüber geltend...