Entscheidungsstichwort (Thema)
Nur teilweises Hinzurechnen von Überstundenvergütung als unterhaltsrechtliches Einkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Vergütungen für Überstunden sind nicht immer in voller Höhe als unterhaltsrelevantes Einkommen anzusehen. Bei einer Mehrarbeitsvergütung, die über das übliche Maß weit hinausgeht (hier: 7.500 EUR für Überstunden wegen Einführung neuer Computersoftware), erscheint es sachgerecht, nur 1/3 davon dem relevanten Einkommen hinzuzurechnen.
2. Im Rahmen der Berechnung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Bedarf seiner neuen Ehefrau grundsätzlich in Höhe der Hälfte der beiderseitigen Einkünfte zu bemessen. Dieser Bedarf ist wegen Kostenersparnis aufgrund gemeinsamer Haushaltsführung pauschal um 25 % zu kürzen.
Normenkette
BGB §§ 1601-1603
Verfahrensgang
AG Warendorf (Urteil vom 13.04.2005; Aktenzeichen 9 F 729/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 13.4.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Warendorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
- für die Zeit vom 9.4.2003 bis 31.8.2004 rückständigen Unterhalt i.H.v. 4.451,56 EUR,
- für die Zeit vom 1.9.-31.10.2004 monatlich 570 EUR,
- für die Zeit vom 1.11.2004-30.6.2005 monatlich 540 EUR sowie
- ab dem 1.7.2005 monatlich 482,65 EUR,
zu zahlen, abzgl. ab September 2004 monatlich gezahlter 290 EUR, zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.731,56 EUR (4.451,136 EUR + 280 EUR Restunterhalt September 2004) seit dem 18.9.2004, aus weiteren monatlich 280 EUR ab dem 4.10.2004, 4.11.2004, aus weiteren monatlich 250 EUR ab dem 4.12.2004, 4.1.2005, 4.2.2005, 4.3.2005, 4.4.2005, 4.5.2005 und 4.6.2005 sowie aus weiteren monatlich 193,50 EUR ab dem 4.7.2005 04.8.2005, 4.9.2005, 4.10.2005 und 4.11.2005.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 10 % und der Beklagte 90 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 20 % und dem Beklagten zu 80 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der klagende Kreis (im Folgenden: Kläger) nimmt den Beklagten aus übergeleitetem Recht auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch. Zugrunde liegt dem folgender Sachverhalt:
Der Beklagte ist in leitender Stellung bei der Fa. F. in V. beschäftigt und Eigentümer eines Wohnhauses in S., in dem sich neben der eigengenutzten, ca. 133 qm großen Wohnung des Beklagten eine weitere, bis zu ihrer Heimunterbringung von seiner Mutter genutzte und seitdem leerstehende Wohnung mit einer Größe von ca. 56 qm befindet. Die Ehefrau des Beklagten ist bis einschließlich Oktober 2004 einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, seit deren Aufgabe ist sie ohne eigenes Einkommen. Der Sohn des Beklagten ist Student, Anfang 2004 hat er sich für ein Gastsemester in Sydney/Australien aufgehalten, die hiermit verbundenen Flugkosten und Studiengebühren hat der Beklagte getragen.
Der Kläger leistet seit dem 1.4.2003 für die in einem Alten- und Pflegeheim untergebrachte Mutter des Beklagten nach Maßgabe der nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen gedeckten Heim- und Pflegekosten in wechselnder Höhe Hilfe zur Pflege. Nach vorangegangener Anzeige der Leistungsgewährung mit Schreiben vom 9.4.2003 und nachfolgender Korrespondenz zur Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten und seines - letztlich nicht als leistungsfähig eingestuften und inzwischen verstorbenen - Bruders forderte der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 8.10.2003 (Bl. 20 f. GA) auf, für die Zeit vom 9.4.-31.10.2003 einmalig 1.952,67 EUR und ab dem 1.11.2003 monatlich laufend 290 EUR als Unterhalt für seine Mutter zu zahlen. Dieser Zahlungsaufforderung kam der Beklagte zunächst nur teilweise nach, was zu weiterer Korrespondenz der Parteien führte, in deren Verlauf der Kläger seine Ansprüche letztlich neu berechnete und so für die Zeit vom 9.4.2003-31.8.2004 einen Unterhaltsrückstand von 6.934,23 EUR und ab 1.9.2004 einen Unterhaltsanspruch von monatlich 570 EUR ermittelte (Schreiben vom 30.8.2004; Bl. 27 f. GA). Der Beklagte nahm dies zum Anlass, nach Maßgabe eines Schreibens vom 2.9.2004 (Bl. 29 GA) auf der Grundlage des früheren Zahlungsverlangens des Klägers für den Zeitraum bis 31.8.2004 weitere 942,67 EUR + 1.540 EUR nachzuzahlen und seine laufenden Unterhaltszahlungen ab 1.10.2004 auf monatlich 290 EUR zu erhöhen.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger unter näherer Darlegung seiner Anspruchsberechnung weiter gehenden Unterhalt.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat an seiner bereits vorprozessual vertretenen Auffassung festgehalten, nur in Höhe seiner erbrachten Zahlungen unterhaltspflichtig zu sein.
Das AG hat der Klage durch das angefochtene Urteil teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 1.9.2004-31.3.2005 rückständigen Unterhalt i.H.v. 3.034 EUR nebst (gestaffelter) Zinsen abzgl. monatlich gezahlter 290 EUR, für...