Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 13.05.2009; Aktenzeichen 2 O 17/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.5.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hagen teilweise abgeändert.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hagen vom 10.1.2007 (8 O 212/06) wird für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist durch rechtskräftiges Urteil des LG Hagen vom 10.1.2007 verpflichtet worden, es zu unterlassen, in (ihren) städtischen Bühnen das Stück "F" des Autors J aufzuführen (8 O 212/06).
Vorangegangen war ein unter den Aktenzeichen 4 O 82/06 beim LG Hagen (= 3 W 22/06 - OLG Hamm) geführtes Einstweiliges Verfügungsverfahren, in dem ihr auf Antrag der jetzigen Beklagten bereits im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Aufführung des Bühnenstücks in ihrem Bereich untersagt worden war.
Das sodann im Hauptsacheverfahren am 10.1.2007 zur Geschäftsnummer 8 O 212/06 durch das LG Hagen ergangene Unterlassungsurteil begründete das darin ausgesprochene Aufführungsverbot des Stückes "F" auf den städtischen Bühnen der jetzigen Klägerin damit, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht der Ende Mai 2004 im Alter von 14 Jahren durch eine Straftat zu Tode gekommenen Tochter der Beklagten durch das Bühnenstück verletzt werde; dieses vermittele seinen Betrachtern aus dem Umfeld ihres Bekanntenkreises ein entstellendes Persönlichkeitsbild von der Verstorbenen und breite deren Intimsphäre vor der Öffentlichkeit aus. Es bestehe ein schützenswertes Interesse der nächsten Angehörigen, die Erinnerung an die Tat und die ihr zugrunde liegenden Lebensumstände des Opfers in dessen Bekanntenkreis nicht durch das Bühnenstück fortwährend wach zu halten. Erst wenn die Erinnerung des maßgeblichen Personenkreises verblasst sei, könne ein weniger strenger Maßstab gerechtfertigt sein.
Das Urteil vom 10.1.2007 - wegen dessen Einzelheiten auf die beigezogenen Prozessakte 8 O 212/06 des LG Hagen (dort: GA 271 ff.) verwiesen wird - wurde rechtskräftig, nachdem die seinerzeit unterlegene jetzige Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt hatte.
Ein von der Beklagten weitergehend eingeleitetes zivilrechtliches Untersagungsverfahren gegen die Betreiberin eines Theaters in Z1 vor dem dortigen LG hatte keinen Erfolg. Das LG Essen lehnte durch Urteil vom 6.10.2006 ein Verbot dort ab; die seitens der jetzigen Beklagten eingelegte Berufung zur Geschäftsnummer 3 U 258/06 des OLG Hamm blieb erfolglos. Ihre daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde zur Geschäftsnummer 1 BvR 1533/07 nahm das BVerfG nicht an; in seinen Nichtannahmebeschluss vom 19.12.2007 (veröffentlich in GRUR 2008, 206 = AfP 2008, 161 = NJW 2008, 1657) verwies es darauf, dass die wesentlichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits durch seine Beschlüsse vom 24.2.1971 (BVerfGE 30, 173; sog. MEPHISTO-Entscheidung) und vom 13.6.2007 (BVerfGE 119, 1; sog. ESRA-Entscheidung) geklärt seien und die Ablehnung des Aufführungsverbotes durch die Gerichte das postmortale Persönlichkeitsrecht der Tochter der Beschwerdeführerin nicht verletze.
Auf eine Klage des Theater- und Bühnenverlages gegen die jetzige Beklagte stellte der BGH in einem weiteren Verfahren durch Urteil vom 16.9.2008 - IV ZR 224/07 - (NJW 2009, 751 =VersR 2009,121) fest, dass das Bühnenstück "F" die Persönlichkeitsrechte der Beklagten und ihrer Tochter nicht verletze.
Mit ihrer im Januar 2007 beim LG Hagen eingereichten Klage erstrebt die Klägerin nunmehr neben einer Aufhebung der ihr nachteiligen Entscheidungen des einstweiligen Verfügungsverfahrens, dass die Zwangsvollstreckung aus dem dortigen Urteil des Hauptsacheverfahrens vom 10.1.2007 für unzulässig erklärt werden möge. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Feststellungen der Entscheidung des LG Hagen vom 13.5.2009 Bezug genommen (§ 540 I 1 Ziff. 1 ZPO).
Das LG hat es - unter Aufhebung der seinerzeitigen einstweiligen Verbotsverfügung vom 5.4.2006 und deren Bestätigung vom 9.5.2006 - mit dem angefochtenen Urteil abgelehnt, die weitere Vollstreckung des Verbotsurteils vom 10.1.2007 zur Geschäftsnummer 8 O 212/06 zugunsten der Klägerin - wie beantragt - für unzulässig zu erklären. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die zulässige Vollstreckungsgegenklage könne keine zwischenzeitliche Änderung der Rechtsprechung geltend machen, die nach § 767 ZPO zu berücksichtigen sei. Zunächst liege ein dafür erforderlicher grundlegender Wandel der gesamten Rechtsauffassung nicht vor. Auch sei keine Entscheidung des Bundeverfassungsgerichtes ergangen, die nach §§ 79 II, 95 III BVerfG (in direkter oder analoger Anwendung) eine Vollstreckungsgegenklage rechtfertige. Der zwischenzeitlich im weiteren Verbotsverfahren der Beklagten gegen die Stadt Z1 erlassene Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 19.12.2007 befasse sich zwar mit dem Verhältnis zwischen postmortalem Persönlichkeitsrecht und ...