Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen 1 O 273/17)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.05.2018 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den beklagten Notar auf Schadenersatz im Zusammenhang mit der Beurkundung eines Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 17.01.1995 der Klägerin, ihres Ehemannes und der vier gemeinsamen Kinder in Anspruch. Mit dem Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 17.01.1995 übertrug der am 28.09.2015 verstorbene Ehemann der Klägerin das in seinem

Eigentum stehende landwirtschaftliche Anwesen mit einem angeschlossenen Beherbergungsbetrieb H Str.10 in N auf die Tochter I. Von der Übertragung ausgenommen war ein weiteres bebautes, zu dem Hof gehörendes Grundstück (Hof- und Gebäudefläche H Str.12, N), das dem Erblasser und der Klägerin als Altenteil dienen sollte. Im Gegenzug gewährte die Tochter I den Eltern ein unentgeltliches Wohnrecht in dem Haus H Str.10 bis zum 31.12.2000. Sie verpflichtete sich außerdem, an ihre Geschwister U, L und I2 bis zum 31.12.2000 jeweils einen Abfindungsbetrag in Höhe von 10.000,00 DM zu zahlen. Die Geschwister erklärten in dem Vertrag einen Pflichtteilsverzicht beschränkt auf den Schenkungsgegenstand. Regelungen dazu, ob die Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgen oder jedenfalls auf Pflichtteilsansprüche der Tochter I angerechnet werden sollte, wurden nicht getroffen. Mit Erbvertrag vom 03.06.2014 setzten sich die Klägerin und ihr Ehemann wechselseitig als Erben ein und bestimmten den Sohn U als Schlusserben. Der Schlusserbe ist nach dem Vertrag mit dem Vermächtnis belegt, im Schlusserbfall an die Töchter L und I2 einen Miteigentumsanteil von einem Drittel an dem im Grundbuch von N, Blatt ... 01, verzeichneten und nunmehr von der Klägerin bewohnten Grundstück H Str.12, N zu übertragen. In dem Erbvertrag ist unter Zif.4 ausgeführt, dass die Klägerin und ihr Ehemann wegen der bereits erfolgten Übertragung der Hofstelle an die Tochter I davon ausgingen, dass die Tochter I vollständig abgefunden ist. Die Töchter L und I2 hatten am 31.05.2007 auf ihr gesetzliches Pflichtteilsrecht verzichtet. Nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin nahm die Tochter I die Klägerin vor dem Landgericht Arnsberg in dem Verfahren zu Az.: 1 O 260/15 auf Zahlung des Pflichtteils nach ihrem verstorbenen Vater in Anspruch. Nachdem die Klägerin durch Teilurteil vom 04.05.2016 zur Erteilung von Auskunft über ihr Erbe durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses verurteilt worden war, ließ sie das geschuldete Verzeichnis über den Bestand der Erbschaft durch den Notar Taus X erstellen und zahlte den von der Tochter I errechneten Pflichtteil nebst Zinsen. Daraufhin erklärten die Klägerin und die Tochter I das Verfahren 1 O 260/15 vor dem Landgericht Arnsberg für erledigt. Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin den Beklagten auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 19.465,50 EUR wegen des auf den Pflichtteil an die Tochter I gezahlten Betrages nebst Zinsen, der mit der Auskunftserteilung verbundenen Kosten für die Beauftragung des Notars und eines Sachverständigen zur Ermittlung der Verkehrswerte der zum Nachlass gehörenden Grundstücke in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, sie und ihr verstorbener Ehemann hätten bei der Beurkundung des Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages die Vorstellung gehabt, dass die Schenkung kraft Gesetzes auf etwaige spätere Erb- und Pflichtteilsansprüche der Tochter I angerechnet werde. Hätte der Beklagte darüber aufgeklärt, dass dies nicht der Fall sei, hätten sie und ihr Ehemann die Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge verfügt oder zumindest die Aufnahme einer entsprechenden Anrechnungsbestimmung in den Vertragstext verlangt. Da der Wert der Schenkung den Pflichtteil übersteige, hätte sie bei Aufnahme einer Anrechnungsbestimmung an die Tochter I nach dem Tod ihres Ehemannes keine Zahlungen leisten müssen. Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt und geltend gemacht, er habe nicht den Auftrag gehabt, bei der Beurkundung des Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages sicherzustellen, dass die Beschenkte sich den Wert des Schenkungsgegenstandes auf etwaige Pflichtteilsansprüche anrechnen lassen müsse. Der Wert der übertragenen Grundstücke sei ihm gegenüber mit 44.000,00 DM angegeben worden. Aufgrund der Verpflichtung der Tochter I, an die Geschwister jeweils 10.000,00 DM zu zahlen, sei er davon ausgegangen, dass der in dem Grundstück verkörperte Wert auf die vier Kinder gleichmäßig verteilt worden sei. Im Übrigen könne aufgrund des Vortrags der Klägerin dazu, welche Regelung die Eheleute im Falle einer Belehrung über die erbrechtlichen Konsequenzen des notariellen Vertrages getroffen hätten, die Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und dem geltend gemac...

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