Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die substantiierte Darlegung eines Betriebsunterbrechnungsschadens ist die Darlegung des betriebsbezogenen Erlöses und der betriebsbezogenen produktionsabhängigen Kosten. Die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten, in dem entsprechende betriebsbezogene Zahlen fehlen, genügt nicht.
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 24.05.2012; Aktenzeichen 115 O 262/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.5.2012 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Zahlung einer Betriebsausfallversicherung.
Das Geschäftsfeld der Klägerin ist die Zucht, Aufzucht und der Vertrieb von Geflügel jeder Art, insbesondere Legehennen verschiedenster Rassen, u.a. auch sog. Grünleger. Die Tiere werden am Stammsitz der Klägerin sowie auf verschiedenen weiteren Farmen gehalten. Auf dem Gelände des Stammsitzes befinden sich zwei Wirtschaftsgebäude, drei Lagerhallen und vier Geflügelställe. Die Klägerin hatte bei der Beklagten u.a. eine Feuerversicherung für Inventar- und Betriebsunterbrechungsschäden geschlossen. Diesem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe in der Fassung November 2005 zugrunde.
Am 30.12.2008 brannte einer der Geflügelställe ab. In diesem hielt die Klägerin sog. Grünlegerhybriden zur Aufzucht. Die Beklagte holte zur Bewertung der beschädigten Betriebseinrichtung, der Wirtschaftsvorräte und der Aufräumkosten ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Agrar T vom 8.10.2009 ein, in dem diese Positionen mit insgesamt 84.836 EUR bewertet wurden. Diesen Betrag erstattete die Beklagte an die Klägerin. Zur Frage der Bewertung der Positionen Geflügel und Betriebsunterbrechung holte die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Geflügelzuchtmeister S ein, die unter dem 14.1.2010 ergänzt wurde. In der darin enthaltenen Produktkalkulation sind für den Zeitraum von 12 Monaten bis zum 31.12.2009 Erträge von insgesamt 57.270,08 EUR, für die Zeit bis zum Ende der erwarteten Nutzungszeit von 118.249,74 EUR errechnet. Die Beklagte zahlte für den Tierbestand einen Betrag i.H.v. 55.000 EUR.
Die Klägerin machte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.12.2009 als Betriebsunterbrechungsschaden insgesamt einen Betrag von 407.600 EUR geltend. Die Beklagte kündigte daraufhin den Feuerversicherungsvertrag mit Schreiben vom 23.12.2009. In der Folge holte die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigen Diplom-Kaufmann H vom 21./27.9.2010 ein, in dem der Betriebsunterbrechungsschaden auf der Grundlage verschiedener von der Klägerin vorgegebener Prämissen mit insgesamt 226.859,59 EUR bewertet wurde.
Die Klägerin hat behauptet, bei den Grünlegerhybriden handele es sich um eine wettbewerbsrechtlich geschützte Sonderrasse, deren einziger Züchter in Deutschland Herr L aus M sei. Wegen der Einmaligkeit dieser Sonderrasse würden deutlich höhere Erlöse sowohl bei Eintagsküken als auch bei legereifen Hennen erzielt. Der Züchter L habe der Klägerin 6.060 Elternküken dieser Rasse am 7.12.2008 geliefert. Der Preis habe bei Vereinbarung einer Bruteirücknahme für 0,13 EUR lediglich 1 EUR/Stück betragen. 15 % der gelieferten Tiere seien Hähne gewesen. Diese Tiere seien im Zeitpunkt des Brandes am 30.12.2008 3 Wochen alt gewesen. Bei dem Brand seien sämtliche 6.060 Tiere zu Tode gekommen, zuvor habe es keine Verluste gegeben. Die Tiere seien normalerweise ab der 23. Woche voll reproduktionsfähig. Bei 1.000 Elternküken sei binnen einer Woche mit 2.000 Legehennenküken zu rechnen, so dass sich der Ausfall in der Reproduktion auf 329.600 Küken berechne. Hiervon hätten 50 % als Eintagsküken mit einem Mehrgewinn von 0,50 EUR und die weiteren 50 % mit einem Mehrgewinn von 1,50 EUR als legereife Hennen verkauft werden können. Sie, die Klägerin, sei infolge des Brandes nicht in der Lage gewesen, während 32 Kalenderwochen neue Elterntiere zur Reproduktion einzusetzen und/oder zu remontieren. Kosten seien andererseits nicht erspart worden, da der brandgeschädigte Hühnerstall nur einen unwesentlichen Teil der insgesamt gepachteten Gebäude ausgemacht habe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 226.859,59 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 5.11.2010 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.174,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 5.11.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Klage für unschlüssig gehalten und den geltend gemachten Schaden für unsubstantiiert, weil zu einer Na...