Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 15.04.1992; Aktenzeichen 21 O 366/91) |
Tenor
Die Anschlußberufung der Beklagten gegen das am 15. April 1992 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers wird – unter Zurückweisung dieses Rechtsmittels im übrigen – das vorgenannte Urteil abgeändert und neu gefaßt.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu Händen seines Prozeßpflegers unter Einschluß des vom Landgericht ausgeurteilten Betrages insgesamt 29.997,53 DM nebst Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % seit dem 1. Mai 1991 zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 67 % und die Beklagten 33 %.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Kläger zu 54 % und den Beklagten zu 46 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am 21. Juli 1985 geborene Kläger begehrt Ersatz vermehrter Bedürfnisse für die Zeit von Juli 1989 bis einschließlich Dezember 1990 anläßlich seines Verkehrsunfalls vom 16. Januar 1989 auf der Straße innerorts von …, für dessen Folgen die Beklagten voll einzustehen haben.
Der Kläger erlitt im wesentlichen eine Querschnittslähmung ab dem 8./9. Brustwirbelkörper mit Blasen- und Mastdarmlähmung sowie ein Schädelhirntrauma. Er ist unfallbedingt auf einen Rollstuhl und fremde Hilfe angewiesen. Sein Behinderungsgrad beträgt 100 %. Er wird von seinen Eltern – vornehmlich der Mutter – betreut und besucht die … Tagesstätte in …. Vom 2. bis zum 13. Juli 1990 fand eile Nachbehandlung in der Rehabilitationsklinik … statt.
Den Mehrbedarf für seine verletzungsabhängige Pflege hat der Kläger unter Zugrundelegung des Gehalts einer Krankenschwester nach BAT V c für die Zeit vom 19. Juli 1989 bis zum 31. Dezember 1990 auf netto 111.355,60 DM errechnet und nach Abzug von erhaltenen Leistungen mit 91.833,13 DM geltend gemacht.
Die Beklagten haben gemeint, die Aufstellung des Klägers enthalte Leistungen, welche die Eltern des Klägers aufgrund ihrer Unterhaltspflicht sowieso zu erbringen gehabt hätten. Außerdem beruhe der Unfall auch auf einer Aufsichtspflichtverletzung der Eitern des Klägers, weshalb diese als Gesamtschuldner neben ihnen hafteten; die erbrachten Pflegeleistungen verstünden sich als Erfüllung der Schadensersatzpflicht und kämen somit den übrigen Gesamtschuldnern zugute.
Das Landgericht hat die Pflege der Eltern nicht als Schadensersatzleistung angesehen und dem Kläger 22.390,53 DM zugesprochen. Es hat den täglichen Pflegezeitbedarf auf 8 Stunden geschätzt, unter Berücksichtigung der außerhäuslichen Aufenthalte des Klägers eine Gesamtstundenzahl von 2.794,2 ermittelt, den Stundensatz mit 15,– DM angenommen und den so ermittelten Gesamtbetrag von 41.913,– DM um die erbrachten Zahlungen vermindert.
Der Kläger rügt diese Bemessung. Er behauptet einen täglichen Betreuungsmehrbedarf gegenüber einem normal entwickelten Kind seines Alters von 9 Stunden und meint, daß die Tätigkeit seiner Eltern marktgerecht mit rund 23,– DM je Stunde zu bewerten seien.
Die Beklagten haben sich der Berufung angeschlossen. Sie sehen den Ersatzanspruch des Klägers durch die erbrachten Pflegeleistungen weiterhin als erfüllt an und sind im übrigen der Auffassung, daß sie jedenfalls nur anteilig mit der Quote einzustehen hätten, die im Innenverhältnis gegenüber der Verantwortlichkeit der Eltern auf sie entfalle. Insoweit halten sie eine Haftung der Mutter von 70 % wegen Verletzung der Aufsichtspflicht für gegeben. Außerdem rügen sie die Ansätze des Landgerichts als übersetzt.
Der Kläger beantragt,
unter Zurückweisung der Anschlußberufung abändernd die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn zu Händen seines Prozeßpflegers weitere 34.566,60 DM nebst Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % seit dem 1. Mai 1991 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
unter Zurückweisung der Berufung abändernd die Klage abzuweisen, soweit sie zur Zahlung von mehr als 6.717,16 DM nebst Zinsen verurteilt worden sind.
Zum Parteivorbringen im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die behandelnde Ärztin für Kinder- und Jugendpsychatrie … als Zeugin vernommen. Insoweit wird auf den Vermerk des Berichterstatters zum Sitzungsprotokoll vom 6. Juli 1991 verwiegen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist teilweise begründet, die Anschlußberufung hingegen erfolglos.
Der Kläger kann die Beklagten gemäß den §§ 843 BGB, 3 PflVersG auf vollen Ersatz (auch) des Betreuungsmehraufwandes in Anspruch nehmen (1) und für die Zeit bis einschließlich Dezember 1990 insgesamt 29.997,53 DM verlangen (2).
Zutreffend hat das Landgericht weder den Ersatzanspruch des Klägers als durch erbrachte Naturalleistungen erfüllt angesehen noch eine Anspruchsbeschränkung aus dem Gesichtspunkt des „gestörten” Gesamtschuldnerv...