Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Frage, ob und inwieweit ein anderer Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch des "Bestandsmieters" beeinträchtigt, ist sowohl die konkrete Ausgestaltung des Betriebs des anderen Mieters als auch der in dem anderen Mietvertrag vereinbarten Mietzweck in die Betrachtung einzubeziehen.
2. Zur Feststellung und Bemessung der Beeinträchtigung des "Bestandsmieters" im Rahmen der Minderung bedarf es - anders als bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen - nicht der Auswertung der Umsatzentwicklung des betroffenen Mieters (wie OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 514, Az. 10 U 4/96).
Normenkette
BGB § 535 Abs. 1, § 536 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 25.11.2014; Aktenzeichen 3 O 492/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.11.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Klage und Widerklage werden abgewiesen;
die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 89 % und die Beklagte zu 11 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 93.266,25 EUR
Gründe
A. Die Parteien schlossen am 1.6.2006 einen zunächst für die Dauer von 5 Jahren geltenden Mietvertrag über im Erdgeschoss des Grundstücks V-Straße in E (Gesamtfläche 3.259 m2 nebst Außenflächen). In § 19 "Konkurrenzklausel" heißt es wie folgt:
Dem Mieter sind die anderen am Standort "X-center" angesiedelten Gewerbebetriebe bekannt. Er verpflichtet sich, diesen Betrieben keine Konkurrenz zu machen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Vermieter, während der Laufzeit dieses Mietvertrages und der Optionszeiten keine weiteren Räumlichkeiten im Objekt zur Einrichtung und zum Betrieb eines Fitnesscenters zu vermieten.
Die Beklagte hatte eine monatliche Miete von 19.635,00 EUR (15.470,00 EUR Grundmiete, 2.975,00 EUR Betriebskosten- und 1.190,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) zu zahlen. Die O S Straße GbR, deren Gesellschafter mit denen der Klägerin schon zum damaligen Zeitpunkt zum Teil identisch waren, vermietete im Gebäudekomplex S-Straße bzw. S1 Straße weitere Räumlichkeiten, und zwar mit Wirkung zum 1.1.2010 an die Herren M und C eine Fläche von ca. 595 m2 "zum Betrieb eines Kickbox-Studios", das in der Folgezeit unter der Bezeichnung "G Lounge" bzw. "G Lounge - The G and Fitness Area" geführt wurde, und mit Wirkung zum 1.2.2010 eine Fläche von ca. 350 m2 an die Fa. L GmbH i. G. (im Folgenden: L) "zum Betrieb eines Reha- und Gesundheitssport - Studios". Für die Monate März und April 2010 zahlte die Beklagte die - ungekürzte - Miete unter Vorbehalt. Unter dem 15.4.2010 teilte die Beklagte mit, sie werde ab dem 1.5.2010 die Miete um monatlich 4.908,75 EUR wegen angeblicher näher bezeichneter Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot mindern. Zugleich forderte sie die Klägerin zur Rückzahlung der Miete für März und April 2010 im Umfang der Minderung (zusammen 9.817,50 EUR) auf und reklamierte u.a. ein Zurückbehaltungsrecht am Mietzins. Sie bot Vergleichsverhandlungen mit dem Ziel der dauerhaften Herabsetzung der Miete bei "bleibender Konkurrenzsituation" an. Die Klägerin widersprach dem Vorwurf der Verletzung des Konkurrenzverbots mit Schreiben vom 30.4.2010, indem sie in Abrede stellte, weitere Räumlichkeiten zum Betrieb eines Fitnessstudios vermietet zu haben. Die Beklagte nahm die Minderung für den Zeitraum von Mai 2010 bis einschließlich September 2011 vor und erklärte mit Schreiben vom 4.5.2010, weitere 25 % der Miete ab Mai 2010 würden nur unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderung erbracht. Sie kündigte zunächst zum 30.9.2011. Daraufhin fanden Gespräche zwischen den Parteien über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses statt, deren Inhalt streitig ist. Mit Schreiben vom 7.6.2011 schlug die Beklagte die Festlegung einer monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von 8.750,00 EUR zzgl. MwSt. und Nebenkosten, insgesamt 12.250,00 EUR zzgl. MwSt., vor und bot an, sie werde "im Gegenzug auf die Geltendmachung der von uns vorbehaltenen Schadensersatzansprüche hinsichtlich der vertragswidrigen Konkurrenzsituation im X-center verzichten". Am 9./10.8.2011 schlossen die Parteien sodann eine Vereinbarung folgenden Inhalts:
...
Rechtsnachfolger der O ist die O GbR, bestehend aus...
...
Der Mietvertrag ist durch Kündigungsschreiben der Mieterin fristgerecht zum 30.09.2011 gekündigt worden.
Zwischen den Unterzeichnern beste...