Leitsatz (amtlich)
Bei der Beurteilung der Mangelhaftigkeit eines Automatikgetriebes an einem Neufahrzeug vom Typ Porsche Boxster S kommt es zwar auf einen herstellerübergeifenden Vergleich an, jedoch sind produktspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen, die der Annahme einer Negativabweichung entgegenstehen können.
Normenkette
BGB § 434
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 26.08.2013; Aktenzeichen 44 O 128/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.8.2013 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Essen wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagten vor der Vollstreckung nicht Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht ihrer Leasinggeberin Rückabwicklung eines am 8.6.2012 geschlossenen Kaufvertrags über ein Neufahrzeug vom Typ Porsche 981 Boxster S.
Die Beklagte zu 1) betreibt das Porsche-Zentrum F; die Beklagte zu 2) ist deren persönlich haftende Gesellschafterin.
Am 8.6.2012 bestellte die Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug, das mit einem Mittelmotor - mit einer Leistung von 232 kw/315 PS - und einem automatisch schaltenden Doppelkupplungsgetriebe (PDK) ausgestattet ist, zum Preis von 76.649,39 EUR. Gemäß Bestätigung vom 20.6.2012 schloss die Klägerin mit der Porsche Financial Services GmbH über das streitgegenständliche Fahrzeug einen Leasingvertrag, aufgrund dessen die Leasinggeberin der Klägerin gemäß ihren Leasingbedingungen die kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte abtrat.
Das Fahrzeug wurde am 29.6.2012 an die Klägerin ausgeliefert.
Bereits Ende Juli 2012 rügte deren Geschäftsführer, dass das Fahrzeug ruckhaft beschleunige und stotternd abbremse. Daraufhin untersuchte die Beklagte zu 1) es im August 2012 und empfahl dem Kunden anschließend, zunächst einmal mit dem Fahrzeug 2.000 km zu fahren, um die Getriebesoftware "anzulernen".
Weil der Geschäftsführer der Klägerin nach Zurücklegung dieser Strecke keine Veränderung des von ihm monierten Fahrverhaltens empfand, verbrachte er das Fahrzeug Anfang September 2012 erneut zu der Beklagten zu 1). Nach einem mehrtägigen Werkstattaufenthalt und einem Servicecheck hieß es von dort, dass in dem Fahrzeug bereits die neueste Getriebesoftware aufgespielt sei und der Hersteller keine Software-Alternativen anbiete, weshalb der Beanstandung nicht abgeholfen werden könne.
Mit Schreiben vom 14.9.2012 setzte die Klägerin der Beklagen zu 1) eine Frist zur Mängelbeseitigung zum 21.9.2012. Mit Antwortschreiben vom 20.9.2012 erklärte diese, keinen technischen Handlungsbedarf zu sehen, weil das Fahrzeug dem Stand der Serie entspreche und sein Fahrverhalten im unmittelbaren Vergleich mit einem modellgleichen Fahrzeug von dessen Schalt-und Bremsverhalten nicht abweiche.
Mit Anwaltsschreiben vom 26.9.2012 begehrte die Klägerin zunächst vergeblich Nachlieferung eines gleichwertigen Fahrzeugs. Nach weiterem Schriftwechsel erklärte sie unter dem 7.11.2012 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Mit ihrer auf Rückabwicklung des Kaufs gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, das Fahrzeug sei mangelhaft, weil das Getriebe im Teillastbetrieb und bei Bremsvorgängen ruckartig hin und herschalte und beim Bremsen stottere. Ein derart unangenehmes Fahr- und Bremsverhalten, welches sowohl im Normalmodus, als auch (verstärkt) im Sportmodus auftrete, sei - insbesondere bei einem Luxusfahrzeug - nicht zu erwarten und nicht hinnehmbar.
Bei ihrem Zahlungsverlangen hat die Klägerin für gefahrene 2.743 km eine mit 841 EUR bezifferte Nutzungsentschädigung in Abzug gebracht.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Firma Porsche Financial Services GmbH & Co KG, Porschestraße 1, 74321 Bietigheim-Bissingen, 75.808,39 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Porsche Boxster S, Fahrzeug-Ident.-Nr...,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.580 EUR zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs seit dem 17.11.2012 in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben eingewandt, das von der Klägerin beanstandete "sportliche" Fahrverhalten sei bei dem erworbenen Porsche Boxster gewollte Philosophie und kein Mangel. Bei einem solchen mit automatischem Doppelkupplungsgetriebe und Mittelmotor ausgestatteten Sportwagen sei es Stand der Serie und der Technik, dass er spürbar - nicht ruckhaft, wie die Klägerin vortrage - schalte. Das sei bei vergleichbaren Fahrzeugen, wie z.B. einem Audi R 8 oder einem Ferrari, nicht an...