Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung des Krankenunterhalts
Leitsatz (amtlich)
1. Besteht für eine geschiedene Ehefrau die Notwendigkeit zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung, um den Umfang ihres aus der Ehe gewohnten Versicherungsschutzes aufrechtzuerhalten, kann in den hierdurch ausgelösten Mehrkosten ein fortwirkender ehebedingter Nachteil liegen.
2. Im Fall einer chronischen Erkrankung ist bei der Frage einer zeitlichen Begrenzung eines Anspruches auf nachehelichen Unterhalt aus § 1572 BGB auch zu berücksichtigen, ob die Anspruchsberechtigte nach gegenwärtiger Prognose jemals in der Lage sein wird, ihre wirtschaftliche Situation durch eine eigene Berufstätigkeit zu verbessern.
Normenkette
BGB §§ 1572, 1578b
Verfahrensgang
AG Brakel (Urteil vom 20.06.2008; Aktenzeichen 9 F 149/07) |
Tenor
Das Urteil des AG - Familiengericht - Brakel vom 20.6.2008 wird teilweise abgeändert:
In Abänderung des Vergleiches vor dem OLG Hamm vom 11.5.2006 unter dem Az: 6 UF 98/05 ist der Beklagte der Klägerin gegenüber zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt
zwischen September 2007 und Dezember 2007 i.H.v. monatlich |
715 EUR, |
für Januar 2008 i.H.v. |
797 EUR, |
zwischen Februar 2008 und Dezember 2009 i.H.v. monatlich |
949 EUR, sowie |
ab Januar 2010 auch über den 31.3.2012 hinaus i.H.v. monatlich |
450 EUR, |
fällig zum 3. Kalendertag eines jeweiligen Monats im Voraus, verpflichtet.
Die Berufung und die Anschlussberufung im Übrigen werden zurückgewiesen.
Die Kosten der 1. Instanz fallen der Klägerin zu 36 % und dem Beklagten zu 64 % zur Last.
Die Kosten der 2. Instanz haben die Klägerin zu 43 % und der Beklagte zu 57 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten über die Abänderung nachehelichen Unterhaltes.
Die Eheschließung zwischen den Parteien erfolgte am 16.6.1978. Zur Trennung kam es am 1.3.2002.
Durch Urteil vom 13.4.2005 vor dem AG B. (Az.: 9 F 44/03) wurden die Parteien geschieden. Die Zustellung des Ehescheidungsantrages des Beklagten an die Bevollmächtigten der Klägerin war am 14.3.2003 erfolgt.
Aus der Ehe gingen die 3 inzwischen erwachsenen Töchter K (geb. am 31.10.1981), J (geb. am 19.5.1983) und M (geb. am 12.10.1988) hervor. M und K sind bereits selbständig und bedürfen seit längerer Zeit der finanziellen Unterstützung ihrer Eltern nicht. Die Tochter J beendete im Dezember 2007 ihr Lehramtsstudium und trat zum 1.2.2008 ihre Referendarausbildung an.
Die Klägerin (geb. am 18.7.1951) ist ausgebildete Fotografin.
Zwischen dem 1.3.1972 und dem 31.12.1973 war sie in diesem Beruf halbtags im Physiologischen Institut II der Universität N beschäftigt. Im Anschluss arbeitete sie zwischen dem 1.1.1974 und dem 31.3.1981 vollschichtig als technische Assistentin ohne staatliche Anerkennung im Institut für Geophysik ebenfalls an der Universität N. Ihre dortige Vergütung erfolgte nach Tarifgruppe BAT VI b.
Spätestens im Februar 1981 gab die Klägerin ihre Berufstätigkeit auf. Sie verzog zusammen mit dem Beklagten zunächst nach X und dann nach C3, wo beide Parteien nach wie vor wohnen.
Während der Betreuung und Versorgung der 3 gemeinsamen Töchter ging die Klägerin einer Berufstätigkeit nicht nach. Eine in dieser Zeit angebotene Stelle bei der Universität Q konnte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten.
Die Klägerin leidet seit ihrer Kindheit an einer Skoliose. Diese äußert sich insbesondere in Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich.
Die ersten Beeinträchtigungen traten im Alter von etwa 12 Jahren auf. Als sich die Parteien kennen lernten, schlief die Klägerin in einem Gipsbett und trug tagsüber ein Stahlkorsett.
Der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechterte sich während der Ehe allmählich. Im Jahr 2000 unterzog sie sich einem ersten operativen Eingriff, der zu einer erhofften Verbesserung nicht führte. U.a. kam es zu einem Schraubenbruch in ihrer Wirbelsäule.
Seit diesem Zeitpunkt wird die Klägerin von ihren behandelnden Ärzten als nicht erwerbsfähig eingestuft und bezieht etwa seit den Jahren 2001/2002 eine Rente wegen vollständig verminderter Erwerbsfähigkeit.
Nachfolgende Operationen haben dazu geführt, dass einzelne Wirbel versteift worden sind.
Während der letzten 10 Jahre haben sich erschwerend eine Fibromyalgie (Weichteil-Rheuma) sowie Osteoporose eingestellt.
Der Beklagte (geb. am 11.5.1951) arbeitet im Schuldienst. Als Oberstudienrat war er zunächst an einem Gymnasium in C3 und danach - bis einschließlich Januar 2009 - an einem Gymnasium in I2 tätig.
Zum Februar 2009 wechselte er an ein Gymnasium nach C4, wo er die Stelle des stellvertretenden Schulleiters innehat. Er strebt dort zum Ende des Jahres 2009 die Beförderung zum Schulleiter an.
Durch Vergleich vor dem OLG Hamm vom 11.5.2006 (Az: 6 UF 98/05) hat sich der Beklagte der Klägerin gegenüber zunächst zu nachehelichem Unterhalt i.H.v. monatlich 340 EUR verpflichtet. Zu diesem Zeitpunkt waren noch alle 3 Töchter, denen die Parteien in unterhaltsrechtlicher Hinsicht von Anfang an Vorrang vor etwaigen A...