Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 2 O 265/22) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 18.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Hagen abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hagen vom 08.12.2022 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der durch die Streithilfe verursachten Kosten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Gesellschafterversammlung der Verfügungsbeklagten am 01.12.2022 beschlossenen Ausschließung der Verfügungsklägerin als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsklägerin verlangt, der Verfügungsbeklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu untersagen, den Ausschließungsbeschluss zu vollziehen und der Verfügungsbeklagten aufzugeben, sie - die Verfügungsklägerin - weiterhin als Gesellschafterin zu behandeln. Hintergrund der Ausschließung ist ein Rahmenvertrag vom 06.07.2022, den die Verfügungsklägerin mit der K. N. S.à.r.l., einer Gesellschaft der Private-J.-Gruppe K., abschloss und dessen Umsetzung im Ergebnis dazu führen soll, dass K. im Wege einer mehrschichtigen Transaktion eine mittelbare Beteiligung an der Verfügungsbeklagten erwirbt.
Die Verfügungsklägerin und die Streithelferin sind (bzw. waren) mit Beteiligungsquoten von 41,60 % (die Verfügungsklägerin) [43,22 % nach Übernahme von 1,615 % der Beteiligung der Kommanditistin G. P.-Z. gem. Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.10.2022] und von 45,42 % (die Streithelferin) als Kommanditisten an der Verfügungsbeklagten beteiligt, einer Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in R.. Die Komplementärin P. A. Verwaltungsgesellschaft mbH hat keine Kapitaleinlage geleistet und ist daher am Haftkapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die Verfügungsbeklagte hält 99,9 % der Anteile an der P. Holding GmbH (im Folgenden "P. Holding"). Die P. Holding GmbH operiert als Holdinggesellschaft für sämtliche operativen Gesellschaften der P.-Gruppe im In- und Ausland.
Die Verfügungsklägerin ist eine nicht gemeinnützige Familienstiftung in der Rechtsform einer Stiftung nach deutschem Recht mit Sitz in R.. Hinter der Stiftung stehen die Familienmitglieder bzw. Abkömmlinge von S. P. (sog. "R. Stamm").
Die Streithelferin ist eine Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in Y. an der Ruhr. An der Streithelferin sind - teilweise wiederum über entsprechende Beteiligungsgesellschaften - die Familienmitglieder bzw. Abkömmlinge von E. P. und O. C. (sog. "Y.er Stamm") beteiligt.
Der Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten enthält u.a. die folgenden Regelungen:
11. Veräußerung und Abtretung der Anteile, Ankauf, Vorkauf
11.1 Die Veräußerung von Anteilen (Komplementär- und Kommanditanteile) an der Gesellschaft oder von Teilen von Anteilen bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafter durch Beschluss. Der Veräußerungswillige ist stimmberechtigt.
Das gleiche gilt für jegliche sonstige Verfügungen über den Anteil, etwa die Verpfändung oder sonstige Belastung ebenso wie die Bestellung eines Nießbrauchs oder die Vereinbarung einer Unterbeteiligung oder einer Treuhand, Verfügungen über einzelne, mit dem Anteil verbundene Rechte, insbesondere die Verfügung über den Jahresgewinnanteil, sowie für den Abschluss aller sonstigen Rechtsgeschäfte und Vornahme aller sonstigen Maßnahmen, die rechtlich oder wirtschaftlich ganz oder teilweise einer Veräußerung oder Belastung gleichkommen.
[...]
11.5 Die Zustimmung ist nicht erforderlich, sofern es sich um eine entgeltliche oder unentgeltliche Veräußerung oder Belastung mit einem Nießbrauch oder Einräumung einer Unterbeteiligung handelt, die zu Gunsten einer nachfolgeberechtigten Person im Sinne von Ziff. 15.1.6 erfolgt, sofern der Empfänger nach der Verfügung - vermittelt über die Gesellschaft - mittelbar mit mehr als 1,00 % am Stammkapital der P. Holding GmbH beteiligt ist. Die Zustimmung ist außerdem nicht erforderlich, sofern es sich um die Belastung mit einem lebenslangen oder zeitlich befristeten Nießbrauch handelt, die zu Gunsten eines Ehegatten erfolgt. In diesen Fällen besteht kein Ankaufs- und Vorkaufsrecht.
15. Ausschließung eines Gesellschafters
15.1 Ein Gesellschafter kann durch Beschluss mit einer Mehrheit von mehr als 60 % der abgegebenen Stimmen der übrigen Gesellschafter mit sofortiger Wirkung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der betroffene Gesellschafter ist dabei nicht stimmberechtigt. Als wichtiger Grund gilt insbesondere,
15.1.1 wenn in der Person des Gesellschafters ein Umstand eintritt, der für die übrigen Gesellschafter nach § 133 HGB das Recht begründen würde, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen;
15.1.2 wenn aus einem in der Person eines Gesellschafters liegenden wichtigen Grund die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses den übrigen Gesellschaftern unzumutbar ist;
15.1.3 wenn der Gesellschafter schwerwi...