Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführung durch fehlende Transparenz des werblichen Charakters einer Sendung
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 23.02.2010; Aktenzeichen I-12 O 7/10) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 23.2.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in der einstweiligen Verfügung des LG die Worte "oder in sonstiger Weise eine solche Benachrichtigungskarte zu hinterlassen oder durch Dritte hinterlassen zu lassen" entfallen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Am 4.1.2010 wurde die als Anlage AS 1 überreichte Benachrichtigungskarte "Benachrichtigung Paketzustellung", wie folgt:
in den Briefkasten des Privathauses am C-Weg in S eingeworfen.
Nach Behauptung des Antragstellers hat der Zeuge S2 die auf der Benachrichtigungskarte angegebene Telefonnummer angerufen. Dort habe sich der Angerufene für die Antragsgegnerin gemeldet und sofort gefragt, ob Interesse am Verkauf oder Kauf von Immobilien bestehe. Es habe ein Beratungstermin vereinbart werden sollen.
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13.1.2010 wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 3, 5 I und 7 I UWG erfolglos ab. Die Antragsgegnerin antwortete: "bla bla bla. Sollten Sie uns weiterhin mit -Müll' belästigen, werden wir gegen Sie und Ihren Mandanten vorgehen".
Durch Beschlussverfügung vom 18.1.2010 hat das LG es der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die als Anl. AS 1 in Kopie überreichte Benachrichtigungskarte in Hausbriefkästen einzuwerfen oder durch Dritte einwerfen zu lassen oder in sonstiger Weise eine solche Benachrichtigungskarte zu hinterlassen oder durch Dritte hinterlassen zu lassen, wenn dies darauf abzielt, den Empfänger zu einem Anruf bei der Antragsgegnerin zu bewegen, anlässlich dessen er nach seinem Interesse an Immobiliengeschäften gefragt und gegebenenfalls ein diesbezüglicher Beratungstermin mit ihm vereinbart werden soll.
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin, mit der diese ihre Passivlegitimation und eine Verbotswidrigkeit in Abrede gestellt hat, hat das LG nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen S2 und T die einstweilige Verfügung durch das angefochtene Urteil bestätigt. Es hat in dem beanstandeten Verhalten einen Verstoß gegen §§ 7 und 3 UWG gesehen.
Wegen des Weiteren Sachverhalts in erster Instanz und der Begründung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin wehrt sich hiergegen mit ihrer Berufung. Sie bestreitet zunächst, dass es allein Ziel der Benachrichtigungskarte gewesen sei, den Empfänger dazu zu veranlassen, unter der angegebenen Telefonnummer anzurufen. Jedenfalls sei, so ihre Auffassung, die "umgekehrte" Telefonwerbung mit der Aufforderung, den Werbenden anzurufen, wettbewerblich zulässig. Alsdann greift die Antragstellerin die Beweiswürdigung des LG an. Die Aussage des Zeugen S2 sei unplausibel. Es könne sich schon deshalb nicht die Antragsgegnerin gemeldet haben, weil es sich bei der auf dem Benachrichtigungsschein angegebenen Telefonnummer nicht um ihre Nummer gehandelt habe, sondern um die Nummer eines Callcenters, das für die I tätig gewesen sei. Durch den Zeugen T sei vielmehr glaubhaft gemacht worden, dass es gerade nicht die Antragsgegnerin gewesen sei, die die Karten verteilt und das Callcenter beauftragt habe, sondern die I, die im Übrigen auch als Absender auf den Benachrichtigungskarten angegeben sei. Die Aussage des Zeugen S2 sei auch unter weiteren Gesichtspunkten merkwürdig. Es sei ausgeschlossen, dass das Gespräch so verlaufen sei, wie der Zeuge S2 es angegeben habe. Die Callcenter-Mitarbeiter hätten mitgeteilt, dass sie dem Gesprächspartner ein Infopaket über Immobilien hätten zukommen lassen wollen. Sie hätten ihm dann angeboten, das Paket zu einem Zeitpunkt zuzustellen, an dem jemand vor Ort sei, der das Paket annehmen könne. Alternativ hätte das Paket auch bei der I abgeholt werden können. Ferner spreche gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen S2, dass die streitgegenständliche Benachrichtigungskarte nur in teilweise geschwärzter Form vorgelegt worden sei. Dies lege nahe, dass die Karte gar nicht dem Briefkasten des Zeugen S2 entnommen worden sei. Bei korrekter Würdigung der Beweise ergebe sich keine Wettbewerbswidrigkeit ihres Handelns, selbst wenn sie sich das Verhalten der I zurechnen lassen müsse. Unstreitig sei es zulässig, Werbebroschüren direkt in den Briefkasten einzulegen oder wie hier eine Benachrichtigungskarte über den Zustellversuch zu hinterlassen, wenn beispielsweise die Infomappe aufgrund ihrer erheblichen Größe nicht in den Briefkasten gepasst habe und sie insbesondere auch bei außen liegenden Briefkästen nicht einfach vor die Tür gelegt werden solle. Sinn und Zweck der Benachrichtigungskarte sei es lediglich gewesen, dem Empfä...